Offenbarung-Vulgata: Unterschied zwischen den Versionen
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== DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES == | |||
Das letzte Buch des Neuen Testamentes, auch »Geheime Offenbarung« genannt, ist in der Art der alttestamentlichen Propheten, vor allem des Ezechiel, Daniel, Zacharias, eine prophetische Schau auf Weg und Endziel des Gottesreiches. Als Verfasser nennt sich ausdrücklich Johannes, vgl. 1,1.4.9; 22,8. Schon die älteste Überlieferung sieht darin mit wenigen Ausnahmen den Apostel Johannes, den Verfasser des vierten Evangeliums und der drei Johannesbriefe. Sprache und Stil sowie Inhalt zeigen freilich ihnen gegenüber manche Besonderheiten. Dies dürfte aber vor allem durch die besondere literarische Gattung der apokalyptischen Schrift begründet sein. Johannes gibt darin die Visionen wieder, die er, wohl unter Kaiser Domitian (81-96), als Verbannter auf der Insel Patmos schauen durfte, vgl. 1,9. Es war die Zeit der großen Christenverfolgung. Angesichts der Verfolgung wollte der Verfasser mit der Niederschrift seiner Visionen ein Mahn- und Trostbuch schreiben. Da aber die geschilderten Kämpfe in wechselnder Form zu allen Zeiten der Kirche wiederkehren, macht seine Offenbarung Aussagen für jede christliche Generation. Sie will zeigen, wie über allem Dunkel der Menschheitsgeschichte der unantastbare Heilsratschluss Gottes steht, den er über alle Bedrängnisse der Christen hinweg zur Vollendung führen wird. Immer wieder ist daher in den Bildern und Visionen der Blick des Sehers auf das »Lamm« gerichtet, in dem die Erlösung und die heilsgeschichtliche Bedeutung Christi dargestellt werden. Im einzelnen bietet freilich die Apokalypse viel Rätselvolles; denn der Seher erlebt seine Visionen in den Vorstellungen und Symbolen seiner Zeit, er bedient sich oft bewusst geheimnisvoller Umschreibungen und Namen, hinter denen sich bestimmte Personen und Vorgänge verbergen, die wir nur unsicher zu erkennen vermögen. Da aber alle zeitgeschichtlichen Hinweise über sich selbst hinausweisen auf die Geschichte des Gottesreiches überhaupt, geht es nicht um genaue Feststellung bestimmter geschichtlicher Gegebenheiten. Man wird daher dieser Offenbarung nicht gerecht, wenn man meint, den augenblicklichen Stand des Gottesreiches an ihren Angaben ablesen zu können. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Frage nach der Zeit des Untergangs der Welt. Die Offenbarung muss vielmehr zunächst als Ganzes verstanden werden, als bildhafte, dramatische Darstellung des sich immer wiederholenden Kampfes der Feinde gegen das Reich Christi und als Zeugnis für den sinnvollen, von Gott bestimmten Lauf der Geschichte, die einst in der gewaltigen Schlußoffenbarung des wiederkommenden Herrn ihre ewige Vollendung finden soll. So gesehen, ist die Offenbarung an Johannes im wesentlichen nichts anderes als die Offenbarung, die Jesus selbst gegen Ende seines Wirkens gegeben hat, vgl. Matth 24; Mark 13; Luk 21 sowie die Abschiedsreden bei Job 14-16. Was den Aufbau der Offenbarung betrifft, so gliedert sie sich deutlich in zwei, wenn auch sehr ungleich lange Hauptteile. Zunächst wendet sie sich der gegenwärtigen Lage der Kirche zu in den sieben Sendschreiben an die sieben kleinasiatischen Gemeinden 2,1-3,22. Darauf schildert sie Kampf und Sieg des Gottesreiches in der Endzeit, 4,1-22,5, wobei als Endzeit die gesamte, von Christus eingeleitete Zeit bis zur Vollendung der Welt gemeint ist. Dieser zweite Teil umfasst wiederum zwei Abschnitte, die dem Endkampf vorausgehenden Heimsuchungen (4,1-11,14) und den Entscheidungskampf zwischen Christus und Satan (11,15-22,5). Eingeleitet wird dieser zweite 1584 DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES apokalyptische Teil mit einer Vision des himmlischen Thrones Gottes und des »Lammes«, dem die Ausführung des göttlichen Ratschlusses in Gestalt eines versiegelten Buches übergeben wird (4,1-5,14). Abgeschlossen wird er mit der Vision der neuen Welt, die nach der endgültigen Vernichtung Satans den jetzigen unvollkommenen Zustand ablösen wird. Das erste Kapitel gibt Aufschluss über das Entstehen des Buches, und der Schlussabschnitt (22,6-21) bezieht sich auf die Verlässigkeit der mitgeteilten Offenbarungen. | |||
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Aktuelle Version vom 25. Mai 2024, 13:45 Uhr
DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES
Das letzte Buch des Neuen Testamentes, auch »Geheime Offenbarung« genannt, ist in der Art der alttestamentlichen Propheten, vor allem des Ezechiel, Daniel, Zacharias, eine prophetische Schau auf Weg und Endziel des Gottesreiches. Als Verfasser nennt sich ausdrücklich Johannes, vgl. 1,1.4.9; 22,8. Schon die älteste Überlieferung sieht darin mit wenigen Ausnahmen den Apostel Johannes, den Verfasser des vierten Evangeliums und der drei Johannesbriefe. Sprache und Stil sowie Inhalt zeigen freilich ihnen gegenüber manche Besonderheiten. Dies dürfte aber vor allem durch die besondere literarische Gattung der apokalyptischen Schrift begründet sein. Johannes gibt darin die Visionen wieder, die er, wohl unter Kaiser Domitian (81-96), als Verbannter auf der Insel Patmos schauen durfte, vgl. 1,9. Es war die Zeit der großen Christenverfolgung. Angesichts der Verfolgung wollte der Verfasser mit der Niederschrift seiner Visionen ein Mahn- und Trostbuch schreiben. Da aber die geschilderten Kämpfe in wechselnder Form zu allen Zeiten der Kirche wiederkehren, macht seine Offenbarung Aussagen für jede christliche Generation. Sie will zeigen, wie über allem Dunkel der Menschheitsgeschichte der unantastbare Heilsratschluss Gottes steht, den er über alle Bedrängnisse der Christen hinweg zur Vollendung führen wird. Immer wieder ist daher in den Bildern und Visionen der Blick des Sehers auf das »Lamm« gerichtet, in dem die Erlösung und die heilsgeschichtliche Bedeutung Christi dargestellt werden. Im einzelnen bietet freilich die Apokalypse viel Rätselvolles; denn der Seher erlebt seine Visionen in den Vorstellungen und Symbolen seiner Zeit, er bedient sich oft bewusst geheimnisvoller Umschreibungen und Namen, hinter denen sich bestimmte Personen und Vorgänge verbergen, die wir nur unsicher zu erkennen vermögen. Da aber alle zeitgeschichtlichen Hinweise über sich selbst hinausweisen auf die Geschichte des Gottesreiches überhaupt, geht es nicht um genaue Feststellung bestimmter geschichtlicher Gegebenheiten. Man wird daher dieser Offenbarung nicht gerecht, wenn man meint, den augenblicklichen Stand des Gottesreiches an ihren Angaben ablesen zu können. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Frage nach der Zeit des Untergangs der Welt. Die Offenbarung muss vielmehr zunächst als Ganzes verstanden werden, als bildhafte, dramatische Darstellung des sich immer wiederholenden Kampfes der Feinde gegen das Reich Christi und als Zeugnis für den sinnvollen, von Gott bestimmten Lauf der Geschichte, die einst in der gewaltigen Schlußoffenbarung des wiederkommenden Herrn ihre ewige Vollendung finden soll. So gesehen, ist die Offenbarung an Johannes im wesentlichen nichts anderes als die Offenbarung, die Jesus selbst gegen Ende seines Wirkens gegeben hat, vgl. Matth 24; Mark 13; Luk 21 sowie die Abschiedsreden bei Job 14-16. Was den Aufbau der Offenbarung betrifft, so gliedert sie sich deutlich in zwei, wenn auch sehr ungleich lange Hauptteile. Zunächst wendet sie sich der gegenwärtigen Lage der Kirche zu in den sieben Sendschreiben an die sieben kleinasiatischen Gemeinden 2,1-3,22. Darauf schildert sie Kampf und Sieg des Gottesreiches in der Endzeit, 4,1-22,5, wobei als Endzeit die gesamte, von Christus eingeleitete Zeit bis zur Vollendung der Welt gemeint ist. Dieser zweite Teil umfasst wiederum zwei Abschnitte, die dem Endkampf vorausgehenden Heimsuchungen (4,1-11,14) und den Entscheidungskampf zwischen Christus und Satan (11,15-22,5). Eingeleitet wird dieser zweite 1584 DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES apokalyptische Teil mit einer Vision des himmlischen Thrones Gottes und des »Lammes«, dem die Ausführung des göttlichen Ratschlusses in Gestalt eines versiegelten Buches übergeben wird (4,1-5,14). Abgeschlossen wird er mit der Vision der neuen Welt, die nach der endgültigen Vernichtung Satans den jetzigen unvollkommenen Zustand ablösen wird. Das erste Kapitel gibt Aufschluss über das Entstehen des Buches, und der Schlussabschnitt (22,6-21) bezieht sich auf die Verlässigkeit der mitgeteilten Offenbarungen.