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Aktuelle Version vom 20. November 2011, 15:03 Uhr
Zweites Buch Samuel
Kapitel 13
Eine frevelhafte Tat
1 Hierauf ereignete sich folgendes: Absalom, der Sohn Davids, hatte eine schöne Schwester namens Tamar. Amnon, der Sohn Davids, verliebte sich in sie. 2 Amnon quälte sich wegen seiner Schwester Tamar so, daß er krank wurde. Sie war Jungfrau, und es erschien ihm unmöglich, ihr etwas anzutun. 3 Amnon hatte einen Freund namens Jonadab, einen Sohn des Schima, des Bruders Davids. Jonadab war ein recht verschlagener Mann. 4 Er fragte ihn: »Warum bist du, Sohn meines Königs, an jedem Morgen so elend? Willst du es mir nicht erzählen?« Amnon antwortete ihm: »Ich liebe Tamar, die Schwester meines Bruders Absalom.« 5 Da sprach Jonadab zu ihm: »Lege dich in dein Bett und stelle dich krank! Kommt dann dein Vater, dich zu besuchen, so sprich zu ihm: Laß meine Schwester Tamar kommen und mir Krankenkost verabreichen! Sie bereite aber das Essen vor meinen Augen zu, daß ich es sehen kann und von ihr das Essen erhalte.« 6 Amnon legte sich nieder und stellte sich krank. Als der König kam, um ihn zu besuchen, bat ihn Amnon: »Möge doch meine Schwester Tamar kommen und vor meinen Augen einige Herzkuchen backen, daß ich sie aus ihrer Hand als Krankenkost essen kann!« 7 David sandte heim zu Tamar und ließ ihr sagen: »Komm doch in das Haus deines Bruders Amnon und richte ihm das Essen zu!« 8 Tamar begab sich in das Haus ihres Bruders Amnon, der im Bett lag. Sie nahm den Mehlteig, knetete ihn, formte vor seinen Augen Herzkuchen und buk sie. 9 Sie nahm die Pfanne und trug ihm auf. Aber er weigerte sich zu essen und befahl: »Alle sollen von mir fortgehen!« Da gingen alle hinaus. 10 Amnon sprach zu Tamar: »Bringe die Krankenkost in das Innengemach! Ich will sie aus deiner Hand einnehmen!« Tamar nahm die zubereiteten Herzkuchen und brachte sie ihrem Bruder Amnon in das innere Gemach. 11 Sie verabreichte ihm das Essen.
Er aber ergriff sie und sprach zu ihr: »Komm, lege dich zu mir, meine Schwester!« 12 Sie aber entgegnete ihm: »Nicht doch, mein Bruder! Vergewaltige mich nicht; denn solches darf man in Israel nicht tun! Verübe doch nicht diese Torheit! 13 Wo sollte ich mit meiner Schande hin? Du aber wärest wie einer der Toren in Israel. Rede jetzt mit dem König! Er wird mich dir nicht abschlagen.« 14 Er aber wollte nicht auf sie hören, griff nach ihr, schändete sie und wohnte ihr bei. 15 Amnon faßte danach einen furchtbaren Haß gegen sie, der größer war als die Liebe, die er zu ihr hatte. Er befahl ihr: »Stehe auf und verschwinde!« 16 Doch sie warf ihm vor: »Nein, mein Bruder! Denn größer wäre dieses Unrecht als das andere, das du mir angetan hast, wenn du mich einfach fortschicken wolltest!« Er aber wollte nicht auf sie hören. 17 Er rief nach seinem Burschen, der ihn bediente, und sprach: »Schafft diese fort von mir, hinaus, und bindet die Türe hinter ihr zu!« 18 Sie trug ein langes Ärmelkleid; denn in solche Gewänder kleideten sich seit jeher Königstöchter, die noch Jungfrauen waren. Sein Diener brachte sie hinaus und band die Türe hinter ihr zu. 19 Tamar streute Asche auf ihr Haupt, zerriß das Ärmelkleid, das sie trug, legte ihre Hände auf den Kopf und ging unter Wehklagen fort.
Absaloms Haß
20 Da fragte sie ihr Bruder Absalom: »War dein Bruder Amnon bei dir? Nun denn, meine Schwester, schweige still! Er ist ja dein Bruder. Gräme dich nicht um das, was geschehen ist« Tamar blieb zurückgezogen im Hause ihres Bruders Absalom. 21 Der König David vernahm von all diesen Dingen und wurde sehr zornig. 22 Absalom sprach mit Amnon kein Wort mehr, weder im bösen noch im guten Sinn; denn er haßte Amnon, weil er seine Schwester Tamar entehrt hatte.
Absaloms Rache
23 Zwei Jahre später hielt Absalom in Baal-Chazor bei Ephraim Schafschur. Absalom lud alle königlichen Prinzen dazu ein. 24 Er begab sich zum König und sprach: »Siehe, dein Knecht hält Schafschur. Möge doch der König mit seinen Dienern deinen Knecht begleiten!« 25 Der König erwiderte Absalom: »Nein, mein Sohn! Wir können doch nicht alle kommen; wir fallen dir sonst zur Last.« Auch als er ihn dringend bat, wollte er nicht mitgehen, sondern verabschiedete sich von ihm. 26 Absalom sprach darauf: »Darf nicht wenigstens mein Bruder Amnon mitkommen?« Der König erwiderte: »Wozu soll er denn mit dir gehen?« 27 Absalom jedoch bestand darauf; da ließ jener Amnon und alle königlichen Prinzen mit ihm ziehen. 28 Absalom erteilte seinen Knechten den Befehl: »Paßt auf! Wenn Amnon durch den Wein lustig wird und ich euch sage: ›Schlagt Amnon nieder!‹, dann tötet ihn! Habt keine Furcht! Ich bin es ja, der euch den Befehl gegeben hat. Seid mutig und tapfer!« 29 Die Knechte Absaloms taten an Amnon, wie Absalom angeordnet hatte.
Alle königlichen Prinzen sprangen auf, setzten sich auf ihre Maultiere und flohen. 30 Sie waren noch unterwegs, da drang das Gerücht schon zu David: »Absalom hat alle königlichen Prinzen erschlagen, nicht einer von ihnen blieb übrig.« 31 Der König erhob sich, zerriß seine Kleider und warf sich zu Boden nieder. Auch alle seine Diener standen um ihn mit zerrissenen Kleidern. 32 Doch Jonadab, der Sohn Schimas, des Bruders Davids, ergriff das Wort und sprach: »Mein Herr soll nicht meinen, man habe alle jungen Prinzen ermordet! Amnon allein wird tot sein; denn in Absaloms Absicht hat das gelegen seit dem Tage, da jener seine Schwester Tamar vergewaltigt hatte. 33 Mein Herr und König möge sich also das Herz nicht schwer machen mit dem Gedanken, es seien alle königlichen Prinzen ermordet worden; nur Amnon allein wird tot sein!«
Absaloms Flucht
34 Absalom aber ergriff die Flucht. Der Diener, der ausspähte, erhob seine Augen und sah eine Reihe von Leuten auf dem Wege von Choronajim am Bergabhang einherkommen. 35 Jonadab sprach zum König: »Siehe, die königlichen Prinzen kommen! Wie dein Knecht gesagt hat, so ist es!« 36 Kaum hatte er zu Ende geredet, als die königlichen Prinzen eintrafen. Sie weinten mit lauter Stimme, und auch der König und seine ganze Umgebung brachen in ein heftiges Weinen aus. 37 Absalom aber floh und ging zu Talmaj, dem Sohn Ammichurs, des Königs von Geschur. Der König trauerte um seinen Sohn die ganze Zeit. 38 Absalom also war geflohen und nach Geschur gegangen; er blieb dort drei Jahre. 39 Des Königs Gesinnung ließ aber allmählich davon ab, gegen Absalom zu hadern, da er sich mit dem Tod des Amnon abfand.
Fußnote
13,13: Geschwister- und Halbgeschwisterehen sind nach 3Mos 18,6ff; 3Mos 20,17; 5Mos 27,22 an sich streng verboten, doch die damalige Zeit dachte noch anders; sie sah darin nichts Anstößiges. Tamar weist die Gewalttat zurück, denkt aber kaum an Blutschande. Abraham war ja auch mit einer Halbschwester verheiratet. • 30f: 2Sam 12,18 erlebten wir den Tod des jüngsten Sohnes, hier die Ermordung des ältesten als Strafe für des Königs Sünden. - Weitere Kapitel: 01 | 02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 | 09 | 10 | 11 | 12 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 |
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