Kategorie:Ordenskatechismus:Anhang:A-VIII

Aus Vulgata
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VIII. Die Vereinigung mit Gott.


54. (Die Gottesliebe.)
All das Genannte werde ich hinordnen auf die Übung der Liebe zu Gott, die das Hauptlicht von allem in den heiligen Exerzitien gewesen ist. Die Übung der Liebe ist meine tägliche Beschäftigung. Solange ich Missionen halten, predigen und beichthören kann, wenn auch zusammen mit andern, werde ich dafür sorgen, dass mein Herz niemals müßig sei, sondern sich in beständigen Akten des Wohlgefallens an Gott und des Wohlwollens gegen ihn übe. Ich werde mich freuen, dass Gott Gott ist, und werde wünschen, dass alle ihn lieben, erkennen und ihm dienen. Diese Akte will ich auch im Beichtstuhl und währen der Predigt erwecken, damit das Wort Gottes größere Kraft habe.
Um dies mit größerer Vollkommenheit zu tun, werde ich mir Mühe geben, den Glauben in dem höheren Teile des Verstandes stets lebendig zu erhalten. Mit dieser durch das Licht des Glaubens erleuchteten Vernunft will ich beständig, aber doch so oft und häufig ich kann, auf Gott in meinem Innern schauen. Und da ich Gott für ein Gut über alle Güter ansehe, werde ich mich bemühen, ihn auf ewig zu lieben und ihn zum Mittelpunkt des höheren Teiles meines Willens zu haben.
Zu diesem Zwecke werde ich mich bemühen, mein Herz von jeder, auch der geringsten Anhänglichkeit an die Geschöpfe freizuhalten, aber nicht allein von den Geschöpfen, sondern auch von jeder Anhänglichkeit an mich selbst. Ich will nichts anderes als das Wohlgefallen Gottes in allen Dingen. Lieber will ich hunderttausend Leben verlieren, als eine einzige freiwillige lässliche Sünde begehen. Ebenso will ich, um auch nur ein wenig die Ehre Gottes zu vermehren, verlieren, soviel man nur in diesem Leben verlieren kann. Diese innern Akte werde ich oft wiederholen. Ich werde sie besonders erneuern, wenn eine Gefahr kommt, Gott zu beleidigen, wenn auch nur lässlich, oder wenn sich bei der Erhöhung der Ehre Gottes eine Schwierigkeit erhebt. Damit mir diese innere innige und beständige Vergegenwärtigung des Herrn gelingt und sich in meinem Leben praktisch auswirkt und mir vertraut wird, will ich mit Gott folgenden Vertrag schließen:

55. (Die Finger an der Hand als örtliches Erinnerungszeichen an die Gegenwart Gottes.)
Als örtliches Erinnerungszeichen an die innige Vergegenwärtigung Gottes, und um mir diese leicht zu machen, bediene ich mich der fünf Finger der Hand. Der kleine Finger soll meine arme Seele vorstellen, die aller Güter bedürftig ist. Ich mache die Meinung, jedes Mal, wenn ich diesen Finger bewege, mich vor Gott zu verdemütigen, mein Elend und den Abgrund meines Nichts zu erkennen und ihn um seine Hilfe und wirksame Gnade anzuflehen, damit ich in der erhabensten Weise, die einem armen Geschöpf möglich ist, ihn preisen, loben und ihm danken könne. Der zweite Finger soll meinen heiligen Schutzengel und meine heiligen Patrone vorstellen. Wenn ich diesen Finger bewege, habe ich die Meinung, sie zu bitten, an meiner Stelle Gott zu loben und zu preisen und mich zu den Füßen der allerseligsten Jungfrau hinzuführen.
Diese wird durch den dritten Finger vorgestellt. Wenn ich diesen Finger bewege, habe ich die Meinung, sie zu bitten, ihrem allerliebsten Sohne Jesus, sofern er Mensch ist, für mich Preis und Dank zu sagen.
Jesus wird durch den vierten Finger versinnbildet. Wenn ich diesen bewege, habe ich die Meinung, den guten Jesus zu bitten, seinen ewigen Vater zu loben und zu preisen und mich zum Throne der heiligsten Dreifaltigkeit zu führen.
Diese wird durch den dicken und letzten Finger versinnbildet. Wenn ich diesen bewege, habe ich die Meinung, meinen Gott um Hilfe zu bitten, ihn zu loben, zu preisen und zu lieben und ganz vor Liebe zu vergehen.
Ich werde mich bemühen, mein Herz durch die größte Losschälung leer und frei von allen Geschöpfen zu halten, um es ganz mit ihm auszufüllen. Ich will keine Anhänglichkeit an Eigentum haben, keinen sinnlichen Genuss in Bezug auf den Körper und keinen geistigen in Bezug auf die Seele, sondern nur Geschmack und Wohlgefallen an Gott.
Ich verzichte auf alle Anhänglichkeiten und besondern Genüsse, auf kleine und große, und will nur eine einzige Anhänglichkeit, nur eine einzige Neigung, nur ein einziges Streben haben, nämlich ihm wohlzugefallen und in allem seinen heiligen Willen zu erfüllen. Um mir Mut einzuflößen und die Wirksamkeit dieses Übereinkommens zu erfassen, will ich diesen Vertrag mit meinem Gott machen wie ein Mensch, der mit einem andern Freundschaft schließt, ihn liebt und darauf ausgeht, die Freundschaft mit ihm zu befestigen.
Jedes Mal wenn ich die Finger in der genannten Weise bewege, will ich durch Vermittlung meines Schutzengels, meiner heiligen Patrone, der allerseligsten Jungfrau Maria und des gebenedeiten Jesus zu Gott meine Zuflucht nehmen. Ich will sie bitten, ihn in meinem Namen zu loben. Auf diese Weise werde ich leicht den Beistand Gottes und Jesu seiner Menschheit nach, der allerseligsten Jungfrau Maria, der heiligen Patrone und meines heiligen Schutzengels haben. In dem einen Anliegen werde ich alle anrufen, zu andern Malen nur einen einzigen, und zwar auf die genannte Weise, mit Abwechslung. So werde ich es machen zur Zeit der Versuchung, der Unruhen oder während des göttlichen Offiziums. Bei letzterem werde ich bei jedem Vers einen Finger bewegen. Beim Beichthören und Predigen werde ich bald den einen, bald den andern Finger erheben und so ein leichtes örtliches Erinnerungszeichen haben, um jetzt zum heiligen Schutzengel, dann zur allerseligsten Jungfrau Maria, dann wieder zu Jesus zu eilen mit der Bitte, Gott an meiner Stelle zu loben und zu lieben und ihm zu dienen. Auf diese Weise werde ich mir diese Übung Tag und Nacht und immer vertraut und geläufig machen, um beständig in Gottes Gegenwart zu wandeln und vereinigt zu sein mit dem höchsten Gut.

56. (Verschiedene Arten der Vergegenwärtigung Gottes.)
Was die Art und Weise der Vergegenwärtigung Gottes anbetrifft, werde ich mir Gott bald mittels der Einbildungskraft, bald mittels des Denkens gegenwärtig vorstellen. Der phantasiemäßigen Vergegenwärtigung werde ich mich bedienen, um beständig auf Jesus, sofern er Mensch ist, zu sehen. Sein Bild will ich in meinem Herzen tragen und ihn mir vorstellen, wie er in der Mitte meines Herzens am Kreuze hängt.
Der geistigen Vergegenwärtigung Gottes will ich mich in allen Gelegenheiten bedienen. Immer will ich die Augen des Glaubens offen halten, um mich eingetaucht zu sehen in jenen Abgrund der Gottheit, die mich rings umgibt. Mit einer heiligen kindlichen Furcht will ich oft auf diese unendliche Majestät schauen, die mit der Wesenheit, Gegenwart und innern Vereinigung nach auf das allernächste gegenwärtig ist und die das ganze Innere meines Herzens sieht, alles weiß und mir die Kraft gibt, all das zu tun, was ich tue.
Zur Zeit des Gebetes will ich mich dieser Vergegenwärtigung Gottes bedienen. Ich will in mein Innerstes einkehren und Gott in mir und mich selbst in Gott schauen. Ich werde mich nicht um Phantasievorstellungen oder bestimmte Vorstellungen bemühen. Die gewöhnliche Weise soll sein, dass ich zuerst einen Abschnitt aus der Leidensgeschichte oder eine andere Wahrheit betrachte und mich dann in den Abgrund des Glaubens versenke, d.h. eines lebendigen und eigens erweckten, wenn auch dunklen Glaubens, dass Gott im Innern meines Herzens ist. Mit reiner Liebe werfe ich mich dann ihm in die Arme und halte mich in einer allgemeinen und liebetrunkenen Weise Gott zugewandt. Am Ende dieses liebevollen Verkehrs mit Gott kehre ich zu einer bestimmten Begebenheit des Leidens Christi zurück, um irgend eine besondere Frucht aus dieser innigen Vereinigung zu ziehen, die ich mit Gott gehabt habe.

57. (Treue im Kleinen.)
Die gewöhnliche Frucht, die ich aus dem Gebete und der erwähnten Weise, in Gottes Gegenwart zu wandeln, ziehen muss, soll sein eine genaue Beobachtung der Gebote Gottes und der heiligen Kirche, der heiligen Regel und der heiligen Gelübde; außerdem der wirksame Entschluss, niemals eine überlegte lässliche Sünde zu begehen, weder Lügen, noch Fehler der Ungeduld, noch leichtes Murren, noch bösen Argwohn, noch zorniges oder liebloses Reden, noch Selbstgefälligkeit oder ähnliches. Wenn es einmal vorkommt, dass ich doch in einen Fehler falle, werde ich sofort einen Akt der Reue und den Vorsatz erwecken, mich zu bessern. Ja ich nehme mir vor, die Flucht zu ergreifen und mich wegzuwenden, bevor ich noch die Sünde recht erkannt habe. Zu diesem Zwecke nehme ich mir vor, mit voller Genauigkeit unsere Konstitutionen zu beobachten. Ich werde auf alle großes Gewicht legen und in jeder einzelnen von ihnen den heiligen Willen Gottes anbeten. Besonders werde ich das Stillschweigen beobachten zu den Zeiten und an den Orten, an denen das Sprechen verboten ist. Solange ich Oberer bin, werde ich darauf sehen, dass alle, die auf meine Zelle kommen, um ihre Angelegenheiten darzulegen, mit leiser Stimme sprechen. Ich werde dafür sorgen, dass das heilige Stillschweigen überall und streng gehalten wird. Ich werde mich anstrengen, ein gutes Beispiel zu geben, indem ich zurückgezogen lebe und alles unnütze Geschwätz fliehe. Denn ich erkenne klar, dass ich ohne diese beständige Abtötung der Zunge die Liebe zu Gott nicht pflegen kann.

58. (Keine neuen Vorsätze mehr, sondern die jetzigen gut ausführen.)
Schließlich darf ich mich nicht darüber täuschen, dass der Fortschritt nicht darin besteht, viele Dinge zu tun, die gar nicht vorgeschrieben sind, sondern darin, gut zu verrichten, was ich tue. Deshalb werde ich von jetzt ab nicht sosehr darauf ausgehen, die Übungen der Frömmigkeit zu vermehren, als vielmehr die hier festgesetzten Dinge mit Eifer und in Vereinigung mit Gott gut auszuführen.
Diese innere Vereinigung meiner Seele mit Gott will ich also bei der Betrachtung, der Messe und dem göttlichen Offizium pflegen. Ebenso will ich allen gemeinsamen Übungen in der Gegenwart Gottes und mit lebendiger Andacht beiwohnen. So werde ich sofort nach dem Betreten des Chores Jesus im heiligsten Sakrament mit einem inneren Akte anbeten. Wenn ich nieder knie, werde ich sofort die geistige Kommunion erwecken und danach verlangen, mich mit jenem höchsten Gut zu vereinigen. Dasselbe werde ich nach Möglichkeit beim Verlassen des Chores tun. Wenn ich die Erde küsse, will ich mich innerlich verdemütigen und die Majestät des gegenwärtigen Gottes anbeten. Wenn ich Weihwasser nehme, will ich einen Akt der Reue erwecken und sprechen: „Mein Gott und mein Alles, ich bereue meine Sünden über alles, ich will nicht mehr sündigen, erbarme dich meiner.“
Wenn ich die Kreuze küsse, die ich immer mit Liebe und Andacht küssen will, werde ich sprechen: „Jesus, sei mir Erlöser.“ Bei der Danksagung nach der Mahlzeit werde ich, auch wenn ich nicht im Kloster bin, mit Ruhe all die gewöhnlichen Gebete verrichten. Wenn ich durch das Kloster gehe, werde ich immer die Hände in den Ärmeln halten und bescheiden einhergehen. Ich werde daher mit leiser Stimme Psalmen beten oder innige Stoßgebetchen verrichten, besonders das am meisten vertraute: „Mein Jesus, Barmherzigkeit.“ Kurz, ich werde mir Mühe geben, alle Dinge mit Eifer und Ruhe, ohne Ungestüm und mit innerer Aufmerksamkeit zu tun.

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