Jakobusbrief

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DER JAKOBUSBRIEF

Katholische Briefe hießen schon in alter Zeit diejenigen kanonischen Briefe, welche nicht vom heiligen Paulus herrühren, nämlich ein Brief des heil. Jakobus, zwei des hl. Petrus, drei des hl. Johannes und einer des hl. Judas Thaddäus. Wahrscheinlich hießen diese Briefe so, weil sie den Charakter von Rundschreiben hatten, wenngleich ein solcher dem zweiten und dritten Brief des heil. Johannes weniger eigen ist.
Der erste dieser katholischen Briefe ist derjenige des heil. Jakobus. In dem Apostelverzeichnisse [Mt 10,2] u. a. [Apg 1,13] wird der heil. Jakobus der Sohn des Zebedäus und Bruder des heil. Johannes des Evangelisten, den Herodes Agrippa im Jahre 44 tötete, und Jakobus, der Sohn des Alphäus, erwähnt, welcher auch der Bruder des Herrn genannt wird. Die „Brüder des Herrn“, Jakobus, Joseph (Joses), Simon und Judas hatten Maria, die Frau des Klophas, zur Mutter. Klophas und Alphäus ist derselbe Name, der heil. Jakobus also war der Vetter des Herrn, sei es weil seine Mutter die Schwester, d. i. Verwandte der heil. Jungfrau, sei es, weil Alphäus der Bruder des heil. Joseph war. Nach der Tradition der abendländischen Kirche, mit der die Kirche von Alexandria übereinstimmt, denn unzweifelhafte Zeugnisse der Kirche von Jerusalem sind uns nicht erhalten, sowie nach historischen Einzelzeugnissen ist der Verfasser dieses Briefes der heil. Jakobus, Sohn des Alphäus, der Bruder des Herrn. Die Aufschrift wie der Inhalt des Briefes, der sich gegen die falsche Auffassung gewisser Judenchristen von einigen falsch verstandenen Lehren des heil. Paulus wendet, zeigen, dass der Brief lange nach dem Martyrium Jakobus des Älteren verfasst ist.
Von Jugend auf hatte Jakobus das strenge Leben der Nasiräer geführt. Vom Heilande seinen Aposteln beigesellt, ward er nach der Auferstehung des Herrn durch eine besondere Erscheinung geehrt. [1Kor 15,7] Vom Herrn selbst, wie die Väter berichten, als Bischof von Jerusalem bezeichnet, erfreute er sich in der Kirche so großen Ansehens, das der heil. Paulus ihn zugleich mit Petrus und Johannes eine Säule der Kirche nannte und das Apostelkonzil seinem dogmatischen Dekrete auf die Veranlassung des heil. Jakobus hin einige Disziplinarvorschriften beifügte. Auch bei den nichtbekehrten Juden war sein Ansehen ein sehr hohes, so dass sie ihn wegen der treuen und vollkommenen Beobachtung des gesamten Gesetzes den Beinamen „der Gerechte“ gaben. Doch die Gunst des Volkes weckte den Neid der Höheren, weshalb der Hohepriester Ananus nach dem Tode des Statthalters Festus und vor der Ankunft von dessen Nachfolger Albinus den Apostel (um die Mitte des Jahres 62) mit einigen anderen Christen wegen Verletzung des Gesetzes vor den hohe Rat stellte und nach Flav. Josephus steinigen ließ. Nach Hegesippus hatten die Juden den heil. Jakobus gebeten am Osterfeste von der Spitze des Tempels zu verkünden, was sie von Christus halten sollten. Da er gegen die Erwartung der Pharisäer und Schriftgelehrten viele dem Glauben gewann, stürzten ihn diese von der Zinne des Tempels herab und warfen Steine auf ihn, und da er nicht sofort tot war, schlug einer der Umstehenden den Apostel mit einem Knüttel auf den Kopf und tötete ihn so.
Der Brief des heil. Jakobus ist an die Judenchristen gerichtet, und besonders an diejenigen, welche außerhalb Palästinas weilten, da der Apostel als Bischof von Jerusalem gerade für diese ein besonderes Ansehen hatte. Wenngleich die Aufschrift allgemein gehalten ist, weisen die im Briefe bekämpften Übelstände doch besonders auf die Gemeinden von Kleinasien hin, an welche auch die Briefe des heil. Petrus, Johannes und Judas gerichtet sind.
Wie falsch verstandene Sätze des heil. Paulus Ursache des vom Apostel bekämpften Irrtums waren, so hatte der heil. Jakobus vielleicht auch die Briefe des Völkerapostels bei der Abfassung dieses Schreibens vor Augen. Vergl. [Jak 4,1, Roem 7,23, Jak 4,4, Roem 8,7, Jak 4,12, Roem 14,4] u. a. Hiernach fällt die Abfassung des Briefes in das Ende des Jahres 61 oder den Anfang 62.
Durch Gläubige, welche aus Asien nach Jerusalem gekommen waren, hatte der heil. Jakobus von der großen Gefahr Kenntnis erhalten, in welcher die Christen durch eine falsche Auslegung der Lehre des heil. Paulus schwebten, und beschloss sofort dem Verderben zu steuern. Die Gefahr war umso größer, als der heil. Paulus im Herbste 61 nach Rom geführt war, auch der heil. Petrus im Abendlande weilte, während die anderen Apostel fern waren in den ihnen zur Missionierung zugewiesenen Ländern, so dass außer dem heil. Jakobus niemand in der heil. Stadt war. Aber niemand war, außer dem heil. Paulus selbst, so berufen, jenem Irrtum, welcher mehr die Juden- als die Heidenchristen mit seinem Gifte ansteckte, entgegenzutreten, da niemand jenem an Ansehen bei den Judenchristen gleichkam. Um die Gefahr wirksam zu bekämpfen, musste der Apostel zweierlei tun: Mit eben jenen Gründen, welche die Irrlehrer aus dem Briefe des heil. Paulus für ihre Meinung von dem allein rechtfertigenden Glauben vorbrachten, mussten sie so widerlegt werden, dass die Frage, ob das alte Gesetz abgeschafft sei, nicht berührt wurde; sodann war der geistige Hochmut zu zügeln, mit dem einige Neubekehrte sich alsbald für berufen hielten, als Lehrer aufzutreten und andere Christen Weisheit zu lehren, ehe sie noch selbst gelernt hatten. Dies ist der Hauptinhalt des Briefes, den der Apostel nicht in gleicher Beweisführung wie der heil. Paulus vorlegt, sondern mit anderen verschiedenartigen Mahnungen und Weisungen, insbesondere über das Leiden, untermischt.