Kategorie:Ordenskatechismus:6.Kapitel:I-105

Aus Vulgata
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105. In welchem Maße ist die Betrachtung notwendig?


Die Betrachtung ist so notwendig, dass wir ohne häufige und gute Vornahme dieser Übung nicht vollkommen werden können.
Das ersehen wir

a) aus zahlreichen Stellen der Heiligen Schrift, z.B. „Wäre nicht dein Gesetz, o Herr, meine Betrachtung, so würde ich wohl umkommen in meinem Elend“ (Ps 118,92).
b) Aus den Aussprüchen der Gottesgelehrten: so ist z.B. nach dem hl. Chrysostomus die Betrachtung einer Seele zur Erhaltung des geistlichen Lebens ebenso notwendig, wie die Seele dem Leibe notwendig ist, um das natürliche Leben zu erhalten;
c) Aus der Überlegung der Vernunft: ohne häufige Betrachtung gelangt der Mensch weder zur notwendigen Erkenntnis des Guten und Bösen noch zur Erkenntnis seiner selbst noch zur entschiedenen Hingabe an Gott;
d) Aus der Geschichte und täglichen Erfahrung: Wer die Betrachtung fortgesetzt vernachlässigt, begeht viele Unvollkommenheiten und Sünden, wenn er auch sonst in geistlichen Dingen wohl bewandert ist.


Deswegen müssen wir
a) die Betrachtung unser ganzes Leben lang schätzen, lieben und üben,
b) überzeugt sein, dass wir uns selbst schwer schaden, wenn wir ohne rechtmäßigen Grund die Betrachtung versäumen oder abkürzen,
c) eingedenk bleiben, dass die Betrachtung längere Zeit unterlassen ebensoviel heißt, wie nicht nach Vollkommenheit streben, sondern seinen unordentlichen Neigungen nachgehen wollen.

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