Kategorie:Ordenskatechismus:7.Kapitel:II-1-142

142. Wie übt man am besten den Wandel in Gottes Gegenwart?

Man übt am besten den Wandel in Gottes Gegenwart, wenn man

1. gläubig und oft daran denkt,
a) dass die heiligste Dreifaltigkeit oder eine bestimmte göttliche Person immer bei uns ist, uns liebevoll beobachtet und alles lenkt und leitet, oder
b) dass die heiligste Dreifaltigkeit oder eine bestimmte göttliche Person in unserer Seele wohnt wie in einer Kapelle, oder
c) dass Jesus vom Tabernakel aus wie ein Freund uns liebevoll zuschaut;

2. ehrfürchtig und kindlich mit Gott verkehrt, indem man
a) traute Zwiegespräche mit ihm hält oder Stoßgebetchen erweckt,
b) die Arbeiten und Pflichten unter seinen Augen aus Liebe zu ihm gewissenhaft verrichtet.

Man übe die Art, zu der man sich am meisten hingezogen fühlt. Die Heiligen wandten sich mit Vorliebe an den in ihrer Seele wohnenden Gott. Die Mutter Klara Feh ging an jedes Werk mit der Gesinnung, als wenn sie gerade die heilige Kommunion empfangen hätte und Jesus bei ihr wäre. Jedes Geschöpf: die strahlende Sonne, die funkelnden Sterne, der brausende Sturm, die Tiere DES Waldes; die Vögel in der Luft, das Würmchen auf der Erde, die wogenden Saatfelder, das Blümlein am Weg, alles kann uns zu dem führen, der dies alles und uns erschaffen hat. So machte es der hl. Franz von Assisi. „Im Schönen betrachtete er den Schönsten, der dies alles gemacht hat.“
Es ist meist nicht gut, sich mit der Phantasie eine göttliche Person bildlich vorzustellen oder sich die Gestalt und die Gesichtszüge des göttlichen Heilandes genauer auszumalen.
Auch hüte man sich vor jeder krampfhaften Anstrengung des Kopfes. Das Kind, das vor den Augen der Mutter spielt, ist sich der Nähe und Liebe der Mutter bewusst, ohne dass es mit großer Kraftanwendung daran denken müsste. So muss auch unser Wandel vor Gott sein.
Der Wandel vor Gott ist hauptsächlich Sache des Glaubens und des Willens. Man erwecke häufig und andächtig Stoßgebetchen der Anbetung, Liebe, der Reue, des Vertrauens und ähnliche Anmutungen zu dem unsichtbar gegenwärtigen Gott und lebe im Übrigen so, wie es sich in der Gegenwart des allheiligen Gottes geziemt. Die innere Vereinigung mit Gott ist eine Kunst, die wir nur durch fleißige Übung erwerben können. Sie ist im Anfang zwar schwer, wird aber immer leichter und süßer.
Sie ist auch eine große Gnade, um die wir oft bitten, und die wir uns durch große Reinheit des Herzens und beharrliche Selbstüberwindung verdienen müssen.