Kategorie:Stundenbuch:Lesung/Lesehore17.September

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17. September
Hl. Hildegard von Bingen, Äbtissin, Mystikerin


Hildegard von Bingen (+ 1179)

Aus einem Brief an Werner von Kirchbolanden und seine Priestergemeinschaft

Erscheinung der Kirche

Im Jahre 1170 nach Christi Geburt lag ich lange krank danieder. Da schaute ich, wach an Körper und Geist, eine Frau von solcher Schönheit, dass Menschengeist es nicht zu fassen vermochte. Ihre Gestalt ragte von der Erde bis zum Himmel. Ihr Antlitz leuchtete von höchstem Glanz. Ihr Auge blickte zum Himmel. Bekleidet war sie mit einem strahlendhellen Gewand aus weißer Seide und einem Mantel, besetzt mit kostbaren Steinen. An den Füßen trug sie Schuhe aus Onyx. Aber ihr Antlitz war mit Staub bestreut, ihr Gewand an der rechten Seite zerrissen. Auch hatte der Mantel seine erlesene Schönheit verloren, und ihre Schuhe waren von oben her beschmutzt. Mit lauter, klagender Stimme schrie sie zum hohen Himmel hinauf: Horch auf, Himmel: mein Antlitz ist besudelt! Trauere Erde: mein Kleid ist zerrissen! Erzittere, Abgrund,: meine Schuhe sind beschmutzt!

Und weiter sprach sie: Im Herzen des Vaters war ich verborgen, bis der Menschensohn, in Jungfräulichkeit empfangen und geboren, sein Blut vergoss. Mit diesem Blut, als seiner Mitgift hat er mich sich vermählt.

Die Wundmale meines Bräutigams bleiben frisch und offen, solange die Sündenwunden der Menschen offen sind. Eben dieses Offenbleiben der Wunden Christi ist die Schuld der Priester. Mein Gewand zerreißen sie dadurch, dass sie Übertreter des Gesetzes, des Evangeliums und ihrer Priesterpflicht sind. Meinem Mantel nehmen sie den Glanz, da sie die ihnen auferlegten Vorschriften in allem vernachlässigen. Sie beschmutzen meine Schuhe, da sie die geraden, das heißt die harten und rauhen Wege der Gerechtigkeit nicht einhalten und auch ihren Untergebenen kein gutes Beispiel geben. Dennoch finde ich bei einigen das Leuchten der Wahrheit.

Und ich hörte eine Stimme vom Himmel, die sprach: Dieses Bild stellt die Kirche dar. Deshalb, o Mensch, der du das schaust und die Klageworte hörst, künde es den Priestern, die zur Leitung und Belehrung des Gottesvolkes bestellt sind und denen gleich den Aposteln gesagt wurde: „Geht hinaus in die Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“1

(1) Mk 16,15.


RESPONSORIUM
R. Der Herr gibt den Weisen die Weisheit und den Verständigen den Verstand. * Tiefe und verborgene Dinge enthüllt er, bei ihm wohnt das Licht.
V. Das alles wirkt der eine und gleiche Geist; einem jeden teilt er seine besonderen Gaben zu, wie er will. * Tiefe und verborgene Dinge enthüllt er, bei ihm wohnt das Licht.


ORATION
Gott, du Quelle des Lebens, du hast die heilige Hildegard mit prophetischem Geist erfüllt. Hilf uns, nach ihrem Vorbild über deine Wege nachzusinnen und deiner Führung zu folgen, damit wir in der Dunkelheit dieser Welt das Licht deiner Klarheit erkennen. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

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