Kategorie:Stundenbuch:Lesung/Lesehore30.September
30. September
Hl. Hieronymus, Priester, Kirchenlehrer
Hieronymus († 419/420)
Aus einer Auslegung zum Buch Jesaja
Die Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen
Ich leiste, was ich schuldig bin im Gehorsam gegen die Gebote Christi, der sagt: „Erforscht die Schriften!“1 und: „Sucht, dann werdet ihr finden!“2 Ich möchte nicht das Wort hören: „Ihr irrt euch; ihr kennt weder die Schrift noch die Macht Gottes.“3 Denn wenn Christus nach dem Wort des Apostel Paulus „Gottes Kraft und Gottes Weisheit ist4, dann kennt die Kraft und Weisheit Gottes nicht, wer die Schrift nicht kennt. Wenn die Kenntnis der Schrift fehlt, fehlt die Kenntnis Christi.
Ich will darum handeln wie ein Hausvater, der aus seinem Vorrat Neues und Altes hervorholt5, und wie die Braut im Hohenlied: „Köstliche Früchte, frische und solche vom Vorjahr, habe ich für dich aufgehoben, Geliebter.“6 So will ich Jesaja erklären: Ich will ihn nicht nur als Propheten aufzeigen, sondern auch als Evangelisten und Apostel. Denn er sagt von sich und en andern Kündern der Frohen Botschaft: „Wie willkommen sind die Füße derer, die eine frohe Botschaft bringen, die den Frieden verkünden.“7 Zu ihm sprach Gott wie zu einem Apostel: „Wen soll ich senden? Wer wird zu diesem Volk gehen?“ Er antwortete: „Hier bin ich, sende mich!“8
Niemand meine, ich wollte den Inhalt dieses Buches in einer kurzen Rede zusammenfassen, da die vorliegende Schrift doch alle Geheimnisse des Herrn enthält. Sowohl die Geburt des Immanuel aus der Jungfrau wird verkündet als auch die Botschaft von dem berühmten Mann, der Zeihen und Wunder tat, der starb und erstand und Heiland aller Völker genannt wird. Was soll ich über die Lehre von der Natur, über Ethik und Logik sprechen? Alles, was zur Heiligen Schrift gehört, was menschliche Zunge aussprechen und der Sinn der Sterblichen fassen kann, ist in diesem Buch enthalten. Von seinen Geheimnissen zeugt, der geschrieben hat: „Jede Offenbarung wurde für euch wie die Worte in einem versiegelten Buch: Wenn man es einem Menschen gibt, der lesen kann, und zu ihm sagt: Lies es mir vor!, dann antwortet er: Ich kann es nicht lesen, denn es ist versiegelt; und wenn man das Buch einem Mann gibt, der nicht lesen kann, und zu ihm sagt: Lies es mir vor!, dann antwortet er: Ich kann es nicht lesen.“9 Wem diese Beweisführung noch zu schwach erscheint, der höre das Wort des Apostels: „Zwei oder drei Propheten sollen zu Wort kommen; die anderen sollen urteilen. Wenn aber noch einem andern Anwesenden eine Offenbarung zuteil wird, soll der erste schweigen.“10 Aus welchem Grund schweigen, wenn der Heilige Geist, der durch die Propheten spricht, zu entscheiden hat, ob zu schweigen oder zu reden ist? Wenn sie verstanden, was sie sagten, war alles voll Weisheit und Vernunft, und es drang nicht bloß durch die Stimme in Schwingung gebrachte Luft an ihre Ohren. Vielmehr sprach Gott im Herzen der Propheten – wie ein anderer Prophet es ausdrückt: „Der Engel, der in mir redete“11, und wieder ein anderer: „“der in uns ruft: Abba, Vater!“12 und wieder einer: „Ich will hören, was Gott in mir redet.“13
(1) Joh 5,39. (2) Mt 7,7. (3) Mt 22,29. (4) 1Kor 1,24. (5) Vgl. Mt 13,52. (6) Hld 7,14. (7) Vgl. Jes 52,7. (8) Jes 6,8 (LXX). (9) Jes 29,11-12. (10) 1Kor 14,29.30. (11) Sach 1,9. (12) Gal 4,6. (13) Ps 85,9.
RESPONSORIUM
R. Der Mund des Gerechten bewegt Worte der Weisheit, * und seine Zunge redet, was recht ist.
V. Er hat die Weisung seines Gottes im Herzen, und seine Schritte wanken nicht. * Und seine Zunge redet, was recht ist.
ORATION
Allmächtiger Gott, du hast den heiligen Hieronymus mit leidenschaftlicher Liebe zur Heiligen Schrift erfüllt. Öffne auch unser Herz für dein Wort, damit wir darin die Quelle des Lebens finden. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
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