Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Rut01

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Liber Ruth.Caput I.

Das Buch Ruth Kap. 1


I. Ruths kindliche Anhänglichkeit und Pflichttreue gegen ihre Schwiegermutter Noemi. (1,1-2,7) A. Zur Zeit der Richter wandert ein Bethlemit Elimelech, um einer Hungersnot zu entgehen, mit seinem Weibe Noemi und seinen beiden Söhnen in das Land der Moabiter aus. Seine Söhne heiraten daselbst moabitische Frauen und sterben. (V. 5) B. Da Noemi nunmehr in ihr Vaterland zurückkehrt, wollen beide Schwiegertöchter sie begleiten (V. 9), indes bleibt die eine, Orpha, auf die Vorstellungen ihrer Schwiegermutter zurück (V. 14), während die andere, Ruth, die arme und alternde Mutter ihres Mannes nach Bethlehem begleitet.

1. In diebus unius judicis, quando judices præerant, facta est fames in terra. Abiitque homo de Bethlehem Juda, ut peregrinaretur in regione Moabitide cum uxore sua, ac duobus liberis.

2. Ipse vocabatur Elimelech, et uxor ejus Noemi: et duo filii, alter Mahalon, et alter Chelion, Ephrathæi de Bethlehem Juda. Ingressique regionem Moabitidem, morabantur ibi.
3. Et mortuus est Elimelech maritus Noemi: remansitque ipsa cum filiis.
4. Qui acceperunt uxores Moabitidas, quarum una vocabatur Orpha, altera vero Ruth. Manseruntque ibi decem annis,
5. Et ambo mortui sunt, Mahalon videlicet et Chelion: remansitque mulier orbata duobus liberis ac marito.
6. Et surrexit ut in patriam pergeret cum utraque nuru sua de regione Moabitide: audierat enim quod respexisset Dominus populum suum, et dedisset eis escas.
7. Egressa est itaque de loco peregrinationis suæ, cum utraque nuru: et iam in via revertendi posita in terram Juda,
8. Dixit ad eas: Ite in domum matris vestræ, faciat vobiscum Dominus misericordiam, sicut fecistis cum mortuis et mecum.
9. Det vobis invenire requiem in domibus virorum, quos sortituræ estis. Et osculata est eas. Quæ elevata voce flere cœperunt,

10. Et dicere: tecum pergemus ad populum tuum.
11. Quibus illa respondit: revertimini filiæ meæ, cur venitis mecum? num ultra habeo filios in utero meo, ut viros ex me sperare possitis?

12. Revertimini filiæ meæ, et abite: jam enim senectute confecta sum, nec apta vinculo conjugali: etiam si possem hac nocte concipere, et parere filios,

13. Si eos exspectare velitis donec crescant, et annos pubertatis impleant, ante eritis vetulæ quam nubatis. Nolite, quæso, filiæ meæ: quia vestra angustia magis me premit, et egressa est manus Domini contra me.
14. Elevata igitur voce, rursum flere cœperunt, Orpha osculata est socrum, ac reversa est: Ruth adhæsit socrui suæ.
15. Cui dixit Noemi: En reversa est cognata tua ad populum suum, et ad deos suos, vade cum ea.
16. Quæ respondit: Ne adverseris mihi ut relinquam te et abeam: quocumque enim perrexeris, pergam: et ubi morata fueris, et ego pariter morabor. Populus tuus populus meus, et Deus tuus Deus meus.
17. Quæ te terra morientem susceperit, in ea moriar: ibique locum accipiam sepulturæ. Hæc mihi faciat Dominus, et hæc addat, si non sola mors me et te separaverit.

18. Videns ergo Noemi, quod obstinato animo Ruth decrevisset secum pergere, adversari noluit, nec ad suos ultra reditum persuadere:
19. Profectæque sunt simul, et venerunt in Bethlehem. Quibus urbem ingressis, velox apud cunctos fama percrebuit: dicebantque mulieres: Hæc est illa Noemi.
20. Quibus ait: Ne vocetis me Noemi (id est, pulchram) sed vocate me Mara (id est, amaram) quia amaritudine valde replevit me Omnipotens.

21. Egressa sum plena, et vacuam reduxit me Dominus. Cur ergo vocatis me Noemi, quam Dominus humiliavit, et afflixit Omnipotens?
22. Venit ergo Noemi cum Ruth Moabitide nuru sua, de terra peregrinationis suæ: ac reversa est in Bethlehem, quando primum hordea metebantur.



1. In den Tagen eines Richters,1 als die Richter an der Spitze standen, entstand eine Hungersnot im Lande.2 Da zog ein Mann von Bethlehem in Juda fort, um als Fremdling im Lande Moab mit seinem Weibe und seinen zwei Söhnen Wohnung zu nehmen.
2. Er hieß Elimelech, und sein Weib Noemi, und seine beiden Söhne, der eine Mahalon und der andere Chelion, Ephrathiter3 aus Bethlehem in Juda. Und sie zogen in das Land Moab und weilten daselbst.4
3. Da starb Elimelech, der Mann Noemis, und sie blieb mit ihren Söhnen zurück.
4. Diese nahmen sich moabitische Frauen, von denen die eine Orpha, die andere aber Ruth hieß.5 Und sie blieben daselbst zehn Jahre.
5. Und beide starben, Mahalon nämlich und Chelion; und die Frau blieb zurück, des Mannes und der beiden Söhne beraubt.6
6. Da machte sie sich mit ihren beiden Schwiegertöchtern auf, um aus dem Lande Moab in ihr Vaterland zurückzukehren; denn sie hatte gehört, dass der Herr sein Volk wieder angesehen und ihnen Speise gegeben habe.
7. So zog sie denn mit ihren beiden Schwiegertöchtern von dem Orte, wo sie als Fremde geweilt, fort.7 Als sie nun schon auf dem Rückwege in das Land Juda war,
8. sprach sie zu diesen: Gehet heim in das Haus eurer Mutter;8 der Herr möge euch Barmherzigkeit erweisen,9 wie ihr sie den Verstorbenen und mir erwiesen habt!
9. Er gebe euch, dass ihr eine Ruhestätte10 in dem Hause der Männer findet, die ihr erhalten werdet. Sodann küsste sie dieselben.11 Sie aber erhoben ihre Stimme und fingen an zu weinen
10. und sprachen: Wir werden mit dir zu deinem Volke gehen!12
11. Jene antwortete ihnen: Kehret um, meine Töchter! Warum sollt ihr mit mir gehen? Habe ich etwa noch Söhne in meinem Schoße, dass ihr Männer von mir hoffen könntet?13
12. Kehret um, meine Töchter, und gehet hin; denn ich bin nun schon sehr alt und nicht mehr für das Band der Ehe geeignet. Und könnte ich auch noch in dieser Nacht empfangen und Söhne gebären,
13. so würdet ihr doch alt werden, ehe ihr heiratet, wenn ihr warten wolltet, bis sie groß und mannbar geworden sind.14 Nicht doch, meine Töchter! denn eure Bedrängnis drückt mich noch mehr15 und die Hand des Herrn ist wider mich ausgegangen!
14. Da erhoben sie ihre Stimme und begannen wieder zu weinen.16 Und Orpha küsste ihre Schwiegermutter17 und kehrte um; Ruth aber blieb bei ihrer Schwiegermutter.
15. Noemi sprach zu ihr: Siehe, deine Verwandte ist zu ihrem Volke und zu ihren Göttern18 zurückgekehrt, gehe mit ihr!
16. Sie aber antwortete: Sei mir nicht entgegen,19 dass ich dich verlassen und fortgeben muss; denn wo du immer hingehst, gehe ich hin, und wo du bleibst, bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott!
17. Das Land, das dich im Tode aufnimmt, in diesem will ich sterben, und dort soll der Ort meines Begräbnisses sein. Dies und das noch dazu möge mir der Herr tun,20 wenn nicht der Tod allein mich von dir scheidet!
18. Da also Noemi sah, dass Ruth fest entschlossen war, mit ihr zu ziehen,21 wollte sie sich nicht mehr widersetzen und sie nicht ferner zur Rückkehr zu den Ihrigen bereden.
19. So zogen sie mitsammen fort und kamen nach Bethlehem. Als sie aber in die Stadt gekommen waren, verbreitete sich alsbald bei allen die Kunde davon, und die Frauen sprachen: Das ist die Noemi!22
20. Sie sprach zu ihnen: Nennet mich nicht Noemi (das ist die Schöne), sondern nennet mich Mara (d. i. die Betrübte); denn der Allmächtige hat mich mit vieler Betrübnis erfüllt.
21. Voll23 zog ich aus, und leer hat mich der Herr zurückgeführt. Warum nennt ihr mich also Noemi, da der Herr mich gedemütigt24 und der Allmächtige mich betrübt hat?
22. So kam Noemi mit Ruth, der Moabitin, ihrer Schwiegertochter, aus dem Lande, wo sie als Fremde geweilt, und kehrte nach Bethlehem zurück, um die Zeit, als eben die Gerstenernte begann.25


Fußnote

Kap. 1 (1) Unbekannt welches. - (2) Israel (Chald.) Die Hungersnot dauerte wohl nicht die zehn Jahre hindurch bis zur Wiederkehr Noemis. - (3) Woher dieser Name stammt, ist nicht zu sagen. - (4) Das Gesetz verbot dies nicht. - (5) Ruth war die Frau Mahalons, Orpha das Weib Chelions. Nahmen die Frauen die israelitische Religion an, so war kein Bedenken in solcher Ehe. Im anderen Falle machte die Notwendigkeit diese sonst dem Geiste des Gesetzes nicht entsprechenden Ehen [Esr 10,3] zu erlaubten. - (6) Jetzt erwacht in Noemi die Sehnsucht nach dem Vaterlande. - (7) Beide wussten nach orientalischer Sitte durch ihre Begleitung ihre Anhänglichkeit zeigen, auch wenn sie ihr Vaterland nicht hätten verlassen wollen, wie es doch der Fall war. - (8) Die Töchter lebten mit der Mutter vielmehr als mit dem Vater. - (9) Zuerst Frieden im Elternhause, dann eine zweite Heirat gewähren. - (10) Die Ehe selbst. Vergl. [Rut 3,1]. - (11) Lebewohl sagend. - (12) Wie die Höflichkeit es forderte, eine Einladung zuerst auszuschlagen, dann aber dennoch anzunehmen [Rich 19,5ff, 2Sam 13,24ff], so forderte sie auch, sich zur Begleitung anzubieten, auch wenn man wusste, dass dieselbe nicht angenommen wurde. In jedem Falle war es für Ruth keine bloße Zeremonie. - (13) Noemi denkt an die Vorschrift [5Mos 25,5]. In Moab werdet ihr leicht „Ruhe“ finden (V. 9), nicht so in Judäa. - (14) Hebr.: Werdet ihr etwa deshalb warten, bis sie herangewachsen sind, werdet ihr etwa deshalb enthaltsam bleiben und nichts mit einem Manne zu tun haben? - (15) Als euch: dass ich eurer beraubt werden soll. - (16) Zum Abschiede; wie diese V. 9. - (17) Ruth denkt nicht an eine künftige Ehe, wie Orpha, sondern an ihre Schwiegermutter. - (18) Das Hebr. kann auch übersetzt werden: Gott. Soweit dieser seit der Erschaffung den Menschen bekannte Gott von den Juden verehrt ward, hieß er Gott der Juden, soweit er von anderen, z.B. von Moabitern, ward er nach diesen genannt. Vielleicht meinte Noemi, auch andere müssten so ihre Götter ehren, wie die Juden Jahve. - (19) Nach Neueren: Dränge mich nicht. - (20) Vergl. [1Sam 3,17]. - (21) Noemi hatte durch ihren Tugendwandel ihre Schwiegertöchter, insbesondere Ruth, ganz an sich gezogen, weshalb diese es derart für ihre Pflicht hielt, der Greisin beizustehen, dass sie sogar die Hoffnung, eine zweite Ehe einzugehen, hintansetzte. So verdiente sie, in das auserwählte Volk aufgenommen und unter die Ahnen des Erlösers gezählt zu werden. Vergl. [Rut 2,11]. - (22) Vergl. [2Koe 9,37]. - (23) Mit Mann und Söhnen gesegnet. - (24) Mir gezeigt hat, dass ich nicht vollkommen rein bin in seinen Augen. - (25) Die Osterzeit.

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