Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Hohel08
Canticum canticorum Salomonis, Quod Hebraice dicitur Sir Hasirim. Caput VIII.
Das Hohelied Salomons. Hebräisch: Sir Hasirim. Kap. 8
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1. Quis mihi det te fratrem meum sugentem ubera matris meæ, ut inveniam te foris, et deosculer te, et jam me nemo despiciat? 2. Apprehendam te, et ducam in domum matris meæ: ibi me docebis, et dabo tibi poculum ex vino condito, et mustum malorum granatorum meorum. 3. Læva ejus sub capite meo, et dextera illius amplexabitur me. 6. Pone me ut signaculum super cor tuum, ut signaculum super brachium tuum: quia fortis est ut mors dilectio; dura sicut infernus æmulatio,lampades ejus lampades ignis atque flammarum. 9. Si murus est, ædificemus super eum propugnacula argentea: si ostium est, compingamus illud tabulis cedrinis. 10. Ego murus: et ubera mea sicut turris, ex quo facta sum coram eo quasi pacem reperiens. 11. Vinea fuit pacifico in ea, quæ habet populos: tradidit eam custodibus, vir affert pro fructu ejus mille argenteos. 14. Fuge dilecte mi, et assimilare capreæ, hinnuloque cervorum super montes aromatum.
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Fußnote
Kap. 8 (1) Sie gehen nicht alsbald fort, denn [Hohel 7,12] ist gesagt: Frühmorgens. Da nun also die Früchte noch nicht übergeben werden, geht die Rede wieder auf die Liebe zurück. - (2) Kühner als zuvor bittet die Braut, sie möchte die Vertraulichkeit des Bräutigams genießen dürfen. Doch nicht in allem, was gesagt wird, ist etwas Neues. Vergl. [Hohel 3,4]. Neu ist der Name Bruder, Zwar hat der Bräutigam die Braut Schwester genannt, doch hat sie den Namen Bruder nicht gebraucht. Was für einen Bruder sie wünscht, erklärt sie: der meiner Mutter Brüste gesogen; sie wünscht, er möge wie (hebr.) ein leiblicher Bruder sein und als solcher in ihrer Mutter Hause weilen als solcher ihr stets gegenwärtig sein. Sie scheint zu fühlen, dass, wenn die Früchte gesammelt, nach der Arbeit der Ernte die beständige Vertraulichkeit brüderlichen Verkehrs mit dem Bräutigam und die Ruhe der Beschaulichkeit fern ist („dort solltest du mich lehren“). Der Bräutigam soll sie nicht verlassen, wie zuvor, sondern bei der Mutter, also in ihrem Hause, bleiben. Wenn der Bräutigam ihr Bruder sein will, kann sie sich seiner zu jeder Zeit und an jedem Orte erfreuen, denn auch „draußen“ darf sie ihn ohne Scheu küssen, zu Hause seiner Lehre lauschen und Liebe für Liebe vergelten. Zuerst spricht sie von „draußen“, weil die Arbeit, die besonders draußen geleistet wird, wie [Hohel 3,4] der Ruhe im Hause vorangeht. - (3) Der Bräutigam scheint ihre Bitte alsbald zu gewähren, denn er gewährt ihr die Ruhe der Beschaulichkeit wie [Hohel 2,6ff]. So kehrt das Lied an seinen Anfang zurück. Wie die Beschaulichkeit die erste Gabe der bräutlichen Freundschaft war, so wird diese nicht allein nach langwierigen Arbeiten bestätigt, sondern auch eine neue Vermählung hat statt. Darauf bezieht sich der übrige Teil des Hohenliedes. Wenn die Zeit dieser Welt vollendet ist, wird die Braut in das ewige Hochzeitsgemach des Bräutigams und in die Ruhe ohne jede weitere Anstrengung geführt. Süßer als früher ist hier der Schlaf der Verzückung wegen der Verdienste der Braut, wie der hebr. Text andeutet: Ich beschwöre euch… was wollt ihr erregen und was aufwecken die Liebe usw., das ist hütet euch zu wecken. – Dass von dem Übergang der Braut in den Himmel im Folgenden die Rede ist, beweist V. 5: Auf den Geliebten gelehnt, wird sie von dem Bräutigam an einen Ort geführt, wo ihre Ankunft das höchste Staunen erregt (bei den Engeln V. 13). Auch die Steigerung der Liebe (V. 6, V. 7), der vollkommene Friede (V. 10), die neue Vermählung, durch die sie aus einer kleinen (V. 8) eine große wird (V. 10), ihr Weggehen zu den Bergen der Wohlgerüche (V. 14 verglichen mit [Hohel 2,17]) mit dem Bräutigam weisen darauf hin. Endlich V. 11, V. 12, wo die Braut als Hüterin des Weinberges Rechenschaft gibt über Arbeit und Früchte, Altes und Neues übergibt (V. 13), wo der gesamte Weinberg, den der himmlische Salomon besaß und der Völkerbesitzerin, der Welt, vergeben hat, abgeerntet wird. - (4) Besser wie oben: Was ist das, was…, indes kann auch die Übersetzung hier so bleiben, wie sie gegeben ist. - (5) „Von Wonne überströmend“ fehlt im Hebr. - (6) Es sind wohl Worte der Engel, der Freunde des Bräutigams, welche die Ankunft der Verlobten erwarten. Die Verwunderung weist wie [Hohel 3,6, Hohel 6,9] auf etwas Großes hin. - (7) Die passive Form entspricht in keiner Weise dem Hebräischen. Richtiger mit dem hl. Ambrosius und den griech. Vätern: Dort gebar dich deine Mutter, dort, die dir das Dasein gab. – Nach den Masorethen spricht die Braut diese Worte. Vielleicht kann auch übersetzt werden: Ich (die Braut) regte dich dorthin an, wo deine Mutter dich (den Bräutigam) geboren. – In deinem Schatten sitzend (Ambros.) wie eines Apfelbaumes (hl. Nilus. vergl. [Hohel 2,3]) und dich genießend, habe ich dich gedrängt, mich dahin zu führen, wo deine Mutter dich geboren. Die Kirche hat in der Beschaulichkeit V. 3, V. 4 Größeres erbeten, das, was ihr jetzt zuteil werden wird. Wie innig sie gebeten, zeigt die Erwähnung, dass sie zweimal den Wunsch ausgesprochen, an jenen Ort geführt zu werden. Die Mutter des Bräutigams ist das himmlische Jerusalem. Vergl. [Hohel 3,11]. In dieses wünscht sie zu kommen, nicht mehr im Hause ihrer Mutter, im irdischen Jerusalem, zu wohnen. Sie wiederholt die Bitte, auf ihr früheres Flehen hinweisend, weil sie das Gewünschte noch nicht erreicht hat und vom Bräutigam durch die Wüste geführt wird: Ich habe dich gebeten und du schienest es zu gewähren, dass du mich in das Haus deiner Mutter führtest, ja, in das Haus deiner Mutter. - (8) Nach dem Hebr. geht die Rede der Braut weiter: Setze dein Bild auf mein Herz und auf meinen Arm wie ein Siegel, damit weder Auge noch Herz es verliere, sondern meine Gedanken und Werke dir allein geweiht seien. Erst die vollkommene, so besiegelte Liebe ist unbezwingbar wie der Tod, unabwendbar wie die Unterwelt, sie überragt alles und überwindet Widersacher und Feinde. - (9) Dem Feuer vermag nichts zu widerstehen, so nicht der von Gott entzündeten Liebe. Hebr.: Ihre Gluten sind Feuersgluten, eine Flamme Gottes. - (10) Hebr.: Mit tiefster Verachtung werden sie jene verachten. – Die Worte werden passend als vom Bräutigam gesprochen aufgefasst. Er bekräftigt, was die Braut gesprochen. Man kann sich hier auch an [Eph 5,25] erinnern. – Nachdem dies gesprochen, beginnen sie dem Himmel zuzuwallen. - (11) Die, welche V. 5 ihre Verwunderung ausgesprochen, reden auch hier. - (12) Sowohl bei der ersten wie bei der zweiten Vermählung übertrifft die Ehre, welche der Braut zuteil wird, die Würde der natürlichen Person bei weitem. Hebr.: Eine kleine Schwester haben wir. – Die Erdgeborene und demütige Schwester erscheint nicht geeignet für die zweite und letzte Vermählung. - (13) Doch sie sehen sie schon vom Bräutigam herbeigeführt werden, und so denken sie vielmehr daran, wie sie die Braut, ihre Schwester, die Tochter derselben Mutter, des übernatürlichen Reiches Gottes, schmücken sollen. - (14) Giebel. Die himmlische Gottesstadt, von der die Kirche jetzt ein Teil wird, steht dem Dichter (wie dem hl. Johannes in der Offenbarung) vor Augen. Sie sei eine Mauer oder eine Türe oder beides, wir wollen ihr neuen Schmuck verschaffen. - (15) Diese Worte hört die nahende Braut und antwortet, dass sie durch die Gnade des Bräutigams durchaus geeignet ist. - (16) Volles Heil. – Sie vereint beide Bilder aus V. 9 in eines. Dass sie spricht, drückt vielleicht die Zuversicht der triumphierenden Braut aus. Alle ihre Würde ist ein Abglanz des Bräutigams, den er selbst verliehen, denn da sie von Friede spricht, will sie wohl sagen, dass der Friedsame (V. 11) ihr Gnade verliehen, wie ja auch ihr Name Sulamith [Hohel 6,12] besagt. - (17) Die Herrlichkeit des Himmels ist nicht nur ein Geschenk der Gnade, sondern auch ein Lohn des Verdienstes, darum sagt die Braut weiter, was sie an guten Werken mitbringt, die sie der Herrlichkeit würdig machen. Hebr.: ein jeder brächte für seien Frucht tausend Silberlinge. - (18) Hebr.: Dir, o Salomon. Lateinisch ist besser pacifice zu lesen. – Der Weinberg in der volkreichen Stadt ist die Welt, vergl. [Mt 13,38], die Wächter die apostolischen Männer, die Hierarchie der Kirche. Jeder soll nach dem Willen des himmlischen Salomon möglichst reiche Früchte herbeibringen. Die Braut tut dies bereits im Namen aller, wie sie [Hohel 7,13] versprochen. Doch indem der Weinberg Salomon seine Früchte trägt, bringt er auch den Wächtern Nutzen: 200 Silberlinge. Welch Fortschritt der Entwicklung von [Hohel 1,5] bis hierher! - (19) Sie wohnte in den Gärten und hat die Herrlichkeit verdient [Hohel 4,16, Hohel 5,1, Hohel 6,1.10] vergl. [Hohel 4,12ff], deshalb wird sie auch nach jenen genannt. – Die Braut soll in die ewigen Freuden eingehen und das ewige Alleluja singen, das die Engel und den Bräutigam selbst erfreut. - (20) Sie begehrt, mit dem Bräutigam schnell zu den ewigen Hügeln zu eilen. - (21) Mit fast den gleichen Worten beschließt der Prophet Habakuk die Beschreibung des Heiles, das er sich und dem auserwählten Volke Gottes wünscht und verheißt. – Schlusswort. Das Hohelied konnte von den Israeliten des Alten Testamentes angewendet werden. Ist es auch eigentlich eine Prophezeiung von der Kirche Christi, so hatte Gott doch die Synagoge mit gleicher Liebe erwählt und ausgestattet und leitete sie. Salomon wollte durch eine Weissagung über die Zukunft trösten und durch dunklen Hinweis auf die Gegenwart erfreuen. Noch hatte das auserwählte Volk nicht volles Heil erlangt, sondern ersehnte es nur, oft gewährte ihm Gott seine Hilfe. (1,8 – 2,7) Es hatte sein Arbeitsfeld. [Hohel 2,8-17] Die vierte Szene kann auf die Gesetzgebung am Sinai angewendet werden, die fünfte auf die ägyptische Knechtschaft. Indes ist die Beschreibung des Bräutigams in der fünften Szene [Hohel 5,10ff] oder das Lob der Braut in der sechsten (6,9 – 8,4) dem Alten Testamente ungewöhnlich. Der zweite Teil des Hohenliedes von [Hohel 3,6] an lässt sich in keiner Weise auf die Synagoge zuwenden. Wenn wir fragen, wie das Hohelied auf die Zeiten der Kirche verteilt werden kann, so fand die Vermählung nach [Eph 5,25] und der gewöhnlichen Annahme am Kreuze statt, als das Herz des Heilandes durchbohrt ward. Demgemäß wird [Hohel 3,7-10] auf das Kreuz und [Hohel 3,11] auf die Dornenkrone des Heilandes im Offizium und der Messe am Feste der Dornenkrone und des heiligsten Herzens Jesu angewendet. So kann auch das Mahl [Hohel 5,1] auf die Einsetzung der heiligen Eucharistie und anderes auf die Frucht es Leidens und des heiligen Messopfers angewendet werden. [Hohel 3] kann auf den auferstandenen Heiland angewendet werden. [Hohel 5] enthält die erste Zeit nach der vollendeten Gründung der Kirche. Alsdann ist die Rückkehr des Bräutigams [Hohel 6,1-3] der der Kirche unter Konstantin zuteil gewordene Friede. Im siebenten Kapitel wird die Fruchtbarkeit der Kirche beschrieben und die Bekehrung der Heiden angedeutet. Die ersten Kapitel lassen sich auf das öffentliche Leben des Heilandes deuten.
Das Hohelied wird auf die heilige Jungfrau angewendet als Braut desselben. Wenn nämlich das, was von der göttlichen Weisheit in der Heiligen Schrift gesagt wird, bisweilen mit gebührender Maßhaltung auf die Muttergottes angewendet wird, wie viel mehr darf man in der poetischen Braut des Hohenliedes auch die heilige Jungfrau sehen! Denn was ist jene Braut als die Kirche, was aber die heilige Jungfrau anders als eine einzig vollkommene Blume der Kirche, einzig würdig die unbefleckte Braut Christi, die Kirche, darzustellen? (Vergl. die Offizien der Unbefleckten Empfängnis, der Geburt, Vermählung Marias, des heiligsten Herzens Marias, der Himmelfahrt Marias, des Lauretan. Hauses). Einzig ist sie ja vom Herrn geliebt, ohne allen Makel und von Liebe glühend, darum kommt ihr alles Lob zu, das der Braut zuteil wird, besitzt sie alle Tugenden, alle Sehnsucht der Liebe derselben. Dunkler zwar lässt sich in der Prüfung und Tätigkeit der Braut eine Parallele finden, doch kann man den Anfang des Hohenliedes auf die Sehnsucht der heiligen Jungfrau nach der Ankunft des Messias anwenden und auf ihren Aufenthalt im Tempel. Die Szene der Arbeit entspricht ihrer häuslichen, mit Beschaulichkeit verbundenen Arbeit, die dritte den Heimsuchungen Marias, die Vermählung ist Marias Auserwählung, die mit dem Scheiden des Heilandes ihren Abschluss findet. Der zweite Teil des Hohenliedes findet auf die Zeiten Anwendung, wo Maria die Mutter und Nährerin der Kirche war und derselben, sei es auf Erden lebend, sei es im Himmel herrschend, hilfreich beistand. Das letzte Kapitel bezieht man dann entweder auf ihre Himmelfahrt oder auf den Triumphzug derer, die durch ihr Dazwischentreten gerettet als volle Ernte in den Himmel gebracht werden. Doch in dieser Akkommodation hängt alles von der Erleuchtung des Schriftstellers ab.
Auch auf jede fromme Seele lässt sich das Hohelied anwenden und dies ist von alters her geschehen. Diese Auslegung dient dazu, den Eifer und die Liebe der Christen zu entflammen. Einige sehen in der Braut die eifrigen Seelen. Mit Recht, da die Kirche selbst, die unbefleckte Braut, im Hohenliede gefeiert wird und die Lobsprüche nicht auf minder vollkommene Seelen passen. Christi Seele selbst, die Seele der heiligen Jungfrau, jede wahrhaft von Liebe erfüllte Seele ist dem göttlichen Worte vermählt. Mit Recht mahnt der hl. Ambrosius besonders die Jungfrauen, im Hohenliede ihr Spiegelbild zu sehen, und mehrere heilige Jungfrauen sind ja vom Heilande selbst mit dem Namen Braut geehrt worden.
Doch auch die Seelen der Priester und Ordensleute sind durch einen besonderen Liebesbund mit dem göttlichen Bräutigam verbunden. Ja, in jede Seele, welche sich der heiligmachenden Gnade erfreut, hat sich die Liebe ausgegossen und jene ist der Hochzeit des Lammes nicht fremd, ja keine Seele ist, die nicht durch die Güte des Bräutigams wenigstens zu derselben berufen und eingeladen wäre. Was soll eine solche Seele bei ihrer Vermählung tun? Insbesondere wechselweise betrachten und arbeiten. Der göttliche Bräutigam wird bisweilen abwesend scheinen, dann ersehne und suche sie seine Gegenwart innigst, sie wird sie finden, auch wenn der himmlische Bräutigam die Seele wieder mit seinem Troste verlässt. Da nun in diesem Leben die Zeit des Trostes eine geringere ist, so arbeite die Seele inzwischen im Weinberge des Herrn [Hohel 2,10ff] oder ertrage die Verlassenheit [Hohel 3,1ff] oder selbst den Schmerz [Hohel 5,7]. Durch Verdienst muss die Gnade des göttlichen Bräutigams erkauft werden [Hohel 7,13; Hohel 8,11.12]. Doch mit seiner Hilfe wird alles einen glücklichen Verlauf nehmen, bis der Tag kommt, wo die Seele zur Hochzeit des Lammes berufen wird. [Hohel 8, Offenb 19,7-9]
Die Größe der Liebe, welche die Seele haben soll, wird an der Braut auf das herrlichste gezeigt, ebenso wie die natürliche Unwürdigkeit des Menschen. Die hohe Würde, zu der der Heiland uns erhebt, leuchtet uns aus dem Hohenliede entgegen, ebenso wie die Schönheit, Güte, Freigebigkeit des himmlischen Bräutigams gegen alle Auserwählten. Alle Worte hauchen gleichsam einen Gottesduft aus, kein Wunder, wenn die heiligen Väter und die Kirche selbst diese Worte süßer als Honig oft anführen, ja im Hohenliede alle Aszese und Mystik eine bleibende Stätte sucht.
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