Hijob-Vulgata
DAS BUCH JOB
Eines der schönsten Bücher nicht nur der Bibel, sondern der Weltliteratur ist das Buch Job. Es lässt sich mit anderen kaum vergleichen, am ehesten mit dem Pessimismus des »Predigers«, der ihm jedoch an dichterischem Schwung und religiösem Ernst bei weitem nicht gleichkommt. Zeitlich liegen beide Bücher nicht allzuweit auseinander. Man darf für Job etwa das vierte oder dritte Jahrhundert v. Chr. als Entstehungszeit annehmen. Die Rahmenerzählung, nämlich Kapitel 1 und 2 sowie 42,7-17, dazu 32,1-5, ist Prosa und bietet die Geschichte vom patriarchalisch wohlhabenden, frommen Job, seiner Prüfung, seiner Geduld im Leiden und schließlich am Ende von der Wiederherstellung seines Wohlstandes. Es handelt sich dabei um eine alte Volksüberlieferung, die der Verfasser bereits vorgefunden hat; schon bei Ez 14,14.20 wird der gerechte Job erwähnt. Sie bot ihm Gelegenheit, seine Probleme und seine Poesie zum Ausdruck zu bringen, indem er Reden Jobs, seiner Freunde und endlich Gottes selber in dichterischer Form einfügte. Der Text ist oft schwer verständlich, reich an kühnen bildlichen und überschwenglichen Wendungen, aber doch recht gut erhalten. Spätestens seit der Babylonischen Gefangenschaft (586 v. Chr.: Jeremias, Ezechiel) war die Frage nach der gerechten göttlichen Vergeltung schon hier auf Erden immer brennender geworden; denn ein Ausgleich im Jenseits war damals noch unbekannt. Die »Freunde« vertreten den alten Standpunkt, dass die Leiden Jobs eine Strafe für Sünden sein müssen, während er selbst seine Unschuld beteuert (31) und zum Teil in vorwurfsvoller Ungeduld Gott als Richter herausfordert. Auch Job will grundsätzlich den Glauben, dass Gott gerecht ist, nicht aufgeben, aber er widerspricht dem äußerlichen Vergeltungsglauben der Freunde, der im Leben einfach nicht stimmt. Damit stoßen die Streitenden bis zum Gottesproblem vor. Muss Job an Gott irre werden? Warum lässt der gerechte Gott Unschuldige büßen? Ein vierter Redner, Elihu, bringt nachträglich (32-37) in etwas geschraubten Worten neuere Lösungsversuche vor: Die Leiden sollen den Gerechten erzieherisch vor Gottvergessenheit, Hochmut und Undank bewahren (33,15-30; 36,7-10.15-21) und ihm zeigen, dass ihn Gott nicht braucht (35,6-8); Gott ist langmütig gegen Gewaltmenschen, um die anderen zur Buße zu stimmen (34,29-32); er befreit den Leidenden nicht, weil dieser voll Ungeduld (35,9-14) oder Trotz (36,13-14) ist; Gottes Weisheit und Größe ist so gewaltig, dass ihn der Mensch nicht kritisieren kann (36,22-37,24). Dieser letzte Grund leitet zu den Gottesreden (38-41) über, die dasselbe dartun: der Mensch ist viel zu schwach, um die Weisheit und Allmacht Gottes, geoffenbart in seinen Schöpfungswerken, erreichen und begreifen zu können. Er muss sich ergeben! Der große Lenker der ganzen Natur wird indirekt auch als völlig gerechter Leiter der Menschenschicksale gläubig und demütig anerkannt, wenn auch nicht durch und durch erkannt. So steht zwar am Ende des Rechtsstreites zwischen Gott und Job nicht eine eigentliche Beweisführung oder gar eine Rechenschaftsablage des Angeschuldigten, sondern die echt atl. Ehrfurcht vor Gott in seiner unerforschlichen Hoheit und Heiligkeit. Diese Haltung ist auch im heutigen Zeitalter einer fortschrittlichen Naturwissenschaft und einer allzu skeptischen Haltung gegenüber der göttlichen Weltordnung sehr vonnöten. Das Buch Job hat poetisch-mahnenden Charakter. Die Geschichtlichkeit der gleichnamigen Hauptgestalt ist für Sinn und Wert der Schrift nicht entscheidend, ebensowenig wie die Geschichtlichkeit der Gestalten in den Parabeln des Herrn. Job war kein Israelit. Wahrscheinlich stammt er aus dem Raum südöstlich des Toten Meeres. Darauf deuten jedenfalls das als seine Heimat angeführte Uz hin sowie die geschilderten sozialen Verhältnisse und s ne Zuordnung zu den »Söhnen des Ostens« (1,3). Die Jobtradition muss in Israel früh Eingang gefunden haben, denn die Vorbildlichkeit eines Heiden wurde später kaum anerkannt.