Judit
DAS BUCH JUDITH
Das Buch Judith ist im Urtexte nicht mehr vorhanden. Die Stelle des chaldäischen Urtextes vertreten zwei nach demselben veranstaltete Übersetzungen, die griechische der Septuaginta (in zwei verschiedenen Rezensionen) und die der Vulgata, welche der hl. Hieronymus nach dem damals noch vorhandenen Original zwar sinngetreu, aber nicht in buchstäblicher Übertragung, gefertigt hat. Der Text der Vulgata ist gewöhnlich kürzer gefasst als der griechische, wenngleich er auch einiges enthält, was man in der Septuaginta umsonst sucht. Kritisch ist indes der griechische Text vorzuziehen, zumal der hl. Hieronymus selbst bezeugt, dass er einige ihm unverständliche Dinge mit Bewusstsein und Absicht ausgelassen hat. Sämtliche Texte haben in Bezug auf die vorkommenden Eigennamen viel gelitten, da die Übersetzer oder Abschreiber statt fremdartig klingender Namen solche einsetzten, die ihnen bekannter waren.
Der Verfasser des Buches will den Juden vor Augen stellen, dass der Herr sie auch den schwersten Gefahren entreißt, wenn sie sein Gesetz treu beobachten oder, im Falle sie von Gottes Wegen abgewichen sind, von ganzem Herzen Buße tun. [Ju 5,25] Zu diesem Zwecke stellt er ihnen die Geschichte einer Frau vor Augen, welche ein Vorbild der Tapferkeit und Reinheit ist, wenn gleich die Mittel, deren sie sich bediente, ihr Vaterland von Feinden zu befreien, nicht in gleicher Weise Gegenstand des Lobes und der Nachahmung sind. Die Juden zählten das Buch Judith unter die historischen und nach ihnen sahen alle heiligen Väter in der Erzählung eine wahre Begebenheit. Heute lassen manche Katholiken die Ansicht, dass die Erzählung eine in diese Form gekleidete Belehrung enthalte, gelten (ebenso wie bei Tobias).
Nachdem Asurbanipal (667-627), Sohn des Asarhaddon, Manasses, den König von Juda, besiegt und in die Gefangenschaft weggeführt hatte, wendete er sich gegen Medien. Unterdes reizte sein Bruder Sammughes die Könige und Völker von Ägypten, Syrien und ganz Westasien zur Empörung gegen ihn, bei welcher Gelegenheit wohl Manasses und den anderen Gefangenen nach Jerusalem zurückkehrte. Nach Beendigung des Medischen Feldzuges forderte Asurbanipal die im Westen gelegenen Völkerschaften auf, sich ihm wieder zu unterwerfen, und sandte auf deren Weigerung seinen Feldherrn Holofernes gegen sie. Die Befreiung Bethulias liegt demnach (nach der Annahme der meisten, welche das Buch in geschichtlichem Sinne auslegen,) etwa 50 Jahre vor der Babylonischen Gefangenschaft.
Ein Jude in Palästina, nicht weniger in den Schriften des Alte Testamentes bewandert als aufrichtig fromm und für das Gesetz Gottes eifernd, schrieb kurz vor der Wegführung des Volkes oder im Beginn des Exils, wohl mit Benutzung schriftlicher Quellen, die ihm aus Bethulia selbst zugekommen waren, das vorliegende Buch.
Schon Clemens Romanus führt das Buch Judith als ein göttliches an und stets ist es seitdem als ein solches in den Kirchen des Abendlandes wie des Morgenlandes verehrt worden, weshalb auch das erste Nicänische Konzil es in den Kanon der heiligen Schriften aufnahm.