Kategorie:Ordenskatechismus:Anhang:A-IV

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IV. Die Übung der Abtötung.


15. (Die Übung der Abtötung und der Tugend im Allgemeinen.)
Bei dem Verkehr sowohl mit den Mitbrüdern als auch mit den Weltleuten werde ich mich nicht völlig jenen Gesprächen überlassen, die gerade aufkommen. Ich werde vielmehr immer, wenn ich mit Weltleuten rede, das Gespräch auf Gott und nützliche Dinge lenken, und wenn ich mit Ordensleuten rede, auf Dinge, welche die Tugend und größere Vollkommenheit betreffen. Unnütze Gespräche will ich abschneiden.
Ich werde schon am Morgen beginnen, gegen mich selbst zu kämpfen, indem ich alle Befriedigungen der Eigenliebe, kleine und große, abtöte im Sprechen, Sehen, Hören, Essen, Unterhalten und Denken. Um über alle ungeordneten Neigungen zu siegen, dass sie nicht den Frieden des Herzens stören, werde ich eine Vorliebe haben für das Rauhere, Schwierigere, Anstrengendere, weniger Zusagende und für die Dinge, die weniger einleuchten, und ich werde die kleinen Verachtungen, die kleinen Unannehmlichkeiten, die kleinen Verdrießlichkeiten und all das, was der zum Bösen geneigten Natur zuwider ist, lieben und werde diese aller Genüsse berauben, die nicht notwendig sind.
Ich werde mir Mühe geben, bei allen Vorkommnissen die Tugend zu üben, ja jede Tugend zu üben aus dem ihr eigentümlichen Beweggrund heraus. Wenn keine Zeit ist, entsprechende Erwägungen anzustellen, werde ich dafür sorgen, immer den Hauptbeweggrund der größeren Ehre Gottes vor Augen zu haben. Auf diese Weise will ich die volle Zerstreuung meiden, mit der ich sooft die Dinge so äußerlich getan habe. Bei allem werde ich in dieser heiligen Absicht handeln, Gott in allen Dingen wohlzugefallen. Dieses soll mein gewöhnlicher Gedanke sein, der alle andern Gedanken verscheucht. Ja, das soll die einzige und gewöhnliche Weide meines Geistes sein beim Gehen, Reisen, Studieren, Beichthören, Predigen. Auch während des Schlafes und der Ruhe verlange ich, in allem mit Gebet Gott zu gefallen und ihm die Ehre zu geben. Um diese Gesinnung zu erneuern und wieder anzufachen, werde ich öfters das innige Stoßgebetchen wiederholen: „Mein Jesus, Barmherzigkeit.“

16. (Kampf gegen die Eitelkeit und gegen die Sinnlichkeit im Essen.)
Um diese Meinung, in allem Gott wohlzugefallen, nicht nur im Geiste zu haben, sondern auch im praktischen Leben durchzuführen, nehme ich mir vor, gar keine Freude bei den Geschöpfen zu suchen. Ich will mich nicht freuen an Lob, Beifall und Hochachtung seitens der Menschen. Das alles will ich fliehen wie tödliches Gift. Wenn es einmal vorkommt, dass ich irgend eine geringe Selbstgefälligkeit im Herzen verspüre oder eine unwillkürliche schlechte Neigung im niederen Teile, dann werde ich sofort einen Akt des Missfallens über derartige Beifallsbezeigungen erwecken, um jeden Schatten von Eitelkeit zu verjagen.
Noch viel weniger will ich mich ergötzen an Speisen, Bequemlichkeiten oder ähnlichen Annehmlichkeiten. Deshalb erneuere ich den Vorsatz, niemals Fleisch noch Eier noch Fisch noch eine andere nahrhafte Speise zu essen.
Auf Reisen werde ich meine gewohnte Abtötung beibehalten und werde mich darin nicht nach meinen Gefährten richten. Ich werde das alles verbergen durch die Begründung, dass dies meiner Gesundheit zuträglicher sei. Die Gefährten lasse ich nehmen, was sie brauchen. In den Häusern der Weltleute, in denen wir wohnen, werde ich mich den andern anbequemen und von allem essen, um nicht aufzufallen. Ich werde dann auf andere Weise diese Nachgiebigkeit gegen die Natur wieder gutmachen. Ganz besonders werde ich aufpassen, dass ich auf Reisen nicht von der Strenge abweiche. Deshalb werde ich nicht von Dingen sprechen, die das Essen betreffen. Ich werde nie um eine Speise bitten, die mir zusagt, selbst wenn sie gering wäre. Auch darin will ich jede natürliche Neigung und jeden Gedanken daran abtöten, indem ich ihn in ähnlicher Weise ausschlage, wie man unreine Gedanken ausschlägt.
Mit der Gnade Gottes nehme ich mir vor, zu essen mit einer Gleichgültigkeit, als wenn ich Stroh in einen Sack stopfe, damit mein Herz emporgerichtet bleibe. Immer will ich mich während der Mahlzeit im Geiste mit einem guten Gedanken beschäftigen. Alles, was dem Geschmack zusagt, will ich von mir weisen. Niemals will ich Salz in die Speisen tun, noch Zitronen, Süßigkeiten und dergleichen Sachen nehmen, wenigstens nicht im Kloster; auf Reisen nur insoweit, als es notwendig ist, um bei den Wohltätern, bei denen ich wohne, nicht aufzufallen.

17. (Fasten.)
Am Abend werde ich, wenn kein Fasttag ist, nur eine Speise nehmen, es sei denn, dass ich außergewöhnlich müde und schwach bin. Samstag abends werde ich niemals Salat nehmen und morgens keine Beigabe, indem ich in aller Strenge wie am Freitag faste zu Ehren der allerseligsten Jungfrau, meiner Herrin. Dieselbe Strenge, keine Beigabe zu nehmen, werde ich in allen Fastenzeiten und an allen Fasttagen beobachten. Ich werde mich dann mit den beiden Portionen Gemüse (dérbe et legumi) begnügen und immer einen Teil der Früchte liegen lassen.

18. (Schlafen auf Brettern, barfuss gehen.)
Ich werde auch fernerhin auf Brettern schlafen und ein Stück Holz als Kopfkissen gebrauchen zum Andenken an das harte Holz des Kreuzes, das den guten Jesus peinigte. Niemals werde ich ohne dringendste Notwendigkeit davon abstehen, barfuss zu gehen. Dies alles will ich mit Bedacht tun, und ich will diese Abtötung üben in der rechten und reinen Meinung, dem guten Jesus dadurch nachzuahmen. Eine so heilige Strenge will ich lieben als das wahre Kennzeichen der Armen. Und wenn einmal Eis und strenge Kälte kommt, dann will ich es mit größerer Freudigkeit tun und mit größerem Verlangen, Gott wohlzugefallen.

19. (Tägliche Geißelung.)
Jeden Tag werde ich mich geißeln, auch an den Tagen, an denen es nicht für alle vorgeschrieben ist. Dabei will ich die gewöhnlichen Gebete verrichten, die im Chor gebetet zu werden pflegen, mehr aber noch will ich viele Akte der Reue erwecken. Diese Übung will ich auch auf Reisen und zur Zeit der Mission vornehmen und dazu die geeignetste Zeit wählen, morgens oder abends. Ich werde dabei die Geißel aus Kettchen gebrauchen, um nicht von den Leuten gehört zu werden, in deren Haus ich wohne.

20. (Teilnahme am Chor und den andern gemeinschaftlichen Übungen.)
Jede Nacht werde ich mich zur Matutin erheben, auch wenn ich müde von auswärts heimkehre. Wenn ich durch Klöster von Mitbrüdern komme, werde ich jeden Widerstand der Natur besiegen und mit ihnen aufstehen. Auf kleine Unpässlichkeiten werde ich nichts geben. Wenn das Übelbefinden nicht offenkundig oder sehr fühlbar ist, werde ich es niemals unterlassen, mit den andern in den Chor und zu allen gemeinschaftlichen Übungen zu gehen.

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