Galaterbrief

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DER BRIEF AN DIE GALATER

Galatien, eine fruchtbare Landschaft in der Mitte fast von Kleinasien, hatte seinen Namen von einigen keltischen Volksstämmen, welche um das Jahr 278 sich in einem Teile von Phrygien niedergelassen hatten. Die meisten Erklärer nehmen an, dass Paulus diesen Brief an die Kirche dieses Landes schrieb, andere, dass derselbe an die Kirche gerichtet ist, welche Paulus und Barnabas auf ihrer ersten Missionsreise in der römischen Provinz Galatien stifteten, d. i. in Antiochia, in Pisidien und Lykaonien. Wenngleich Christus den Aposteln den klaren Befehl gegeben hatte, allen Völkern das Evangelium zu verkünden [Mt 28,19, Mk 16,15], so hatte er sich doch nicht darüber erklärt, ob die Heiden vor der Taufe dem auserwählten Volke durch die Beschneidung sollten eingegliedert werden, oder ob der Glaube an ihn selbst genügte, um der dem Erzvater gemachten Verheißungen teilhaftig zu werden. Wohl wurde die Familie des Cornelius durch Petrus unmittelbar durch die Taufe in die Kirche aufgenommen, indes schien dies manchen eine außerordentliche Anordnung Gottes, und so entstand, als in Antiochia eine Kirche gegründet war, die Frage, ob die dortigen Heidenchristen das mosaische Gesetz zu beobachten hätten. Ganz besonders wurde die selbe brennend, als Judenchristen aus Jerusalem nach Antiochia kamen und lehrten, die neubekehrten Heiden könnten nicht selig werden, wenn sie sich nicht beschneiden ließen. [Apg 15,1] Die Entscheidung des Apostelkonzils löste diese Frage authentisch. Leider war damit der Streit noch nicht beseitigt. Wohl war entschieden worden, dass die Heidenchristen nicht an das mosaische Gesetz gebunden seien, indes war das Verhältnis der Judenchristen zu demselben nicht berührt worden. Konnten diese nun auch jenen die Seligkeit nicht bestreiten, so war doch nicht ausgesprochen, ob Juden- und Heidenchristen in allem gleichgestellt seien. Ja, der Umstand, dass die Heidenchristen jene vier Vorschriften beobachten sollten, welche die Juden ihren der Beschneidung sich nicht unterwerfenden Proselyten auferlegten, konnte die Meinung hervorrufen, die Heidenchristen seien keine vollkommenen Christen. [Gal 2,11ff] Wohl war es klar, dass die Entscheidung der Apostel die Heidenchristen zu Mitbürgern der Heiligen und Hausgenossen Gottes machen wollte, indes die judaisierenden Christen wollten diese Folgerung nicht ziehen und beriefen sich auf das Beispiel der Apostel, welche das jüdische Gesetz in Jerusalem zu beobachten fortfuhren, und auf die Privilegien der Juden, sowie auf die Annahme der Beschneidung gemachten Verheißungen. Ohne das Aposteldekret anzufechten, stellten sie es als eine höhere Vollkommenheit hin, auch die Beschneidung zu empfangen, und legten den Heidenchristen so indiskret das alte Joch des Gesetzes wieder auf. In Antiochia von Paulus besiegt, der auch Petrus für sich gewann, bemühten sich die Irrlehrer jetzt ihre Meinungen in den von dem Apostel gestifteten Kirchen auszubreiten. Mit mancherlei Trugschlüssen suchten sie ihre Irrtümer als eine höhere Vollkommenheit zu begründen, indem sie besonders das Ansehen und die apostolische Gewalt des heil. Paulus in Frage stellten. Von dieser den Galatern drohenden Gefahr erfuhr der heil. Paulus und schrieb voll heiligen Eifers diesen Brief. Er musste seine apostolische Gewalt und die Übereinstimmung seiner Lehre mit der der übrigen Apostel nachweisen und die Lehre von der Rechtfertigung durch den lebendigen Glauben an Christus auseinandersetzen.
An welchem Orte und zu welcher Zeit der Brief geschrieben ist, steht nicht fest. Am wahrscheinlichsten ist es, dass Paulus denselben auf seiner zweiten Reise schrieb, und zwar von Korinth aus.