Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Ez01

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Prophetia Ezechielis. Caput I.

Prophezeiung des Ezechiel. Kap. 1

Ezechiel (Gott ist stark oder Gott macht stark, vergl. [Ez 3,8]) stammte aus priesterlichem Geschlechte, und wurde als Gefangener in das Land der Chaldäer weggeführt, als König Joachin sich Nabuchodonosor ergeben musste, in demselben Jahre, in dem Sedekias König ward (599 nach anderen 597). Als er in Tel Abib am Flusse Chobar im Lande der Chaldäer weilte, ward er durch eine erhabene Gottesoffenbarung zum Prophetenamte berufen. Die Juden hegten damals ziemlich allgemein die Hoffnung, dass das babylonische Reich untergehen und das jüdische mit neuem Glanze erstehen werde, eine Hoffnung, welche die falschen Propheten geweckt hatten und eifrig nährten. Vergl. [Jer 28,3.4]. Diese trügerische Hoffnung war es, die Sedekias bewog, sich mit den Edomitern, Moabitern, Ammonitern und Phöniziern zu verbinden, um das Joch der Chaldäer abzuschütteln [Jer 27,3ff], sie erfüllte auch die Herzen der Weggeführten [Jer 29,4ff]. Aufgabe des Propheten war es also, diese törichte Hoffnung zu zerstören, zu zeigen, dass die Wegführung eine wohlverdiente und notwendige Strafe für die vergehen des Volkes sei und nur aufrichtige Buße Gott wieder versöhnen und ihn bewegen könne, sich seines Volkes wieder anzunehmen. So verkündet denn der Prophet den bevorstehenden Untergang des Reiches Juda nicht allein mit Worten, sondern auch mit symbolischen Zeichen, damit die Weggeführten gleichsam mit Händen griffen, was er in Worten ausgesprochen. Um die Trauer des Volkes auszudrücken, muss Jeremias ehelos bleiben [Jer 16,2ff], Ezechiel zeigt an seinem Beispiele, dass die Mahnung Jeremias [Jer 29,6] der langen Dauer der Verbannung gilt; er nimmt ein Weib, und als dasselbe im neunten Jahre der Wegführung plötzlich stirbt, darf er sie zum Vorzeichen für die Juden nicht betrauern [Ez 24,16ff]. Auch durch andere symbolische Handlungen muss er Hartes auf sich nehmen und gleichsam einen Teil der Strafen des Volkes tragen, aber Gott tröstet seinen treuen Diener auch und stärkt ihn durch erhabene Gesichte. Zu Halsstarrigen und Verkehrten soll er reden, doch Gott stärkt ihn mit seiner Kraft [Ez 3,8.9].
Wie lange Ezechiel des Prophetenamtes gewaltet hat, steht nicht fest. Die letzte Prophezeiung fällt in das siebenundzwanzigste Jahr der Wegführung [Ez 29,17], also übte er sein Amt wenigstens durch zweiundzwanzig Jahre, nach deren Verlauf er die Prophezeiungen in einem Buche vereinigte. Was sonst von seinem Leben und seinem Tode berichtet wird, ist unsicher.


I. Der Prophet wird über seine Berufung und sein Amt belehrt. (Kap. 1 – Kap. 3,21) A. Die Zeit der Berufung. (V. 3) B. Beschreibung der Theophanie.

1.ET factum est in trigesimo anno, in quarto, in quinta mensis, cum essem in medio captivorum juxta fluvium Chobar, aperti sunt cœli, et vidi visiones Dei.

2. In quinta mensis, ipse annus quintus transmigrationis regis Joachin,

3. Factum est verbum Domini ad Ezechielem filium Buzi sacerdotem in terra Chaldæorum, secus flumen Chobar: et facta est super eum ibi manus Domini.
4. Et vidi, et ecce ventus turbinis veniebat ab aquilone: et nubes magna, et ignis involvens, et splendor in circuitu ejus: et de medio ejus quasi species electri, id est de medio ignis:

5. Et in medio ejus similitudo quatuor animalium: et hic aspectus eorum, similitudo hominis in eis.
6. Quatuor facies uni, et quatuor pennæ uni.
7. Pedes eorum pedes recti, et planta pedis eorum quasi planta pedis vituli, et scintillæ quasi aspectus æris candentis.
8. Et manus hominis sub pennis eorum in quatuor partibus: et facies, et pennas per quatuor partes habebant.
9. Junctæque erant pennæ eorum alterius ad alterum: non revertebantur cum incederent: sed unumuodque ante faciem suam gradiebatur.
10. Similitudo autem vultus eorum: facies hominis, et facies leonis a dextris ipsorum quatuor: facies autembovis, a sinistris ipsorum quatuor, et facies aquilæ desuper ipsorum quatuor.

11. Fcies eorum, et pennæ eorum extentæ desuper: duæ pennæ singulorum jungebantur, et duæ tegebant corpora eorum:
12. Et unumquodque eorum coram facie sua ambulabat: ubi erat impetus spiritus illuc gradiebantur, nec revertebantur cum ambularent.
13. Et similitudo animalium, aspectus eorum quasi carbonum ignis ardentium, et quasi aspectus lampadarum. Hæc erat visio discurrensin medio animalium, splendor ignis, et de igne fulgur egrediens.

14. Et animalia ibant, et revertebantur in similitudinem fulguris coruscantis.
15. Cumque aspicerem animalia, apparuit rota una super terram juxta animalia, habens quatuor facies.
16. Et aspectus rotarum, et opus earum, quasi visio maris: et una similitudo ipsarum quatuor: et aspectus earum et opera, quasi sit rota in medio rotæ.

17. Per quatuor partes earum euntes ibant: et non revertebantur cum ambularent.
18. Statura quoque erat rotis, et altitudo, et horribilis aspectus: et totum corpus oculis plenum in circuitu ipsarum quatuor.
19. Cumque ambularent animalia, ambulabant pariter et rotæ juxta ea: et cum elevarentur animalia de terra, elevabantur simul et rotæ.
20. Quocumque ibat spiritus, illuc eunte spiritu, et rotæ pariter elevabantur, sequentes eum. Spiritus enim vitæ erat in rotis.
21. Cum euntibus ibant, et cum stantibus stabant: et cum elevatis a terra, pariter elevabantur et rotæ, sequentes ea: qquia spiritus vitæ erat in rotis.


22. Et similitudo super capita animalium firmamenti, quasi aspectus crystalli horribilis, et extenti super capita eorum desuper.
23. Sub firmamento antem pennæ eorum rectæ alterius ad alterum: unumquodque duabus alis velabat corpus suum, et alterum similiter velabatur.

24. Et audiebam sonum alarum, quasi sonum aquarum multarum, quasi sonum sublimis Dei: cum ambularent quasi sonus erat multitudinis ut sonus castrorum: cumque starent, demittebantur pennæ eorum.

25. Nm cum fieret vox super firmamentum, quod erat super caput eorum, stabant, et submittebant alas suas.

26. Et super firmamentum, quod erat iniminens capiti eorum, quasi aspectus lapidis sapphiri similitudo throni: et super similitudinem throni, similitudo quasi aspectus hominis desuper.
27. Et vidi quasi speciem electri, velut aspectum ignis, intrinsecus ejus per circuitum: a lumbis ejus et desuper, et a lumbis ejus usque deorsum, vidi quasi speciem ignis splendentis in circuitu:

28. Velut aspectum arcus cum fuerit in nube in die pluviæ: hic erat aspectus splendoris per gyrum.



1.Und es geschah1 im dreißigsten Jahre,2 m fünften des vierten Monats, während ich mich unter den Gefangenen am Flusse Chobar3 befand, öffnete sich der Himmel4 und ich sah Gesichte von Gott.5 [Ez 10,20; Ez 43,3]
2. Am fünften des Monats, es war das fünfte Jahr nach der Wegführung des Königs Joachin,
3. erging das Wort des Herrn an Ezechiel, den Sohn Buzis, den Priester, im Lande der Chaldäer, am Flusse Chobar, und die Hand6 des Herrn kam daselbst über ihn.
4. Und ich schaute:7 siehe, da kam ein Sturmwind von Mitternacht her, eine mächtige Wolke und wirbelndes Feuer und Lichtglanz um dieselbe her8 und aus seiner Mitte, das ist aus dem Feuer heraus, leuchtete es wie Glanzerz.9
5. Und mitten darin10 war die Erscheinung von vier Wesen und dies war ihr Aussehen: Sie hatten Menschenähnlichkeit.
6. Ein jedes hat vier Angesichter11 und ein jedes vier Flügel.12
7. Ihre Füße waren gerade und ihre Fußsohle wie eines Rindes und sie funkelten, wie glühendes Erz leuchtet.
8. Und Menschenhände13 waren unter ihren Flügeln an den vier Seiten, auch hatten sie Gesichter und Flügel an den vier Seiten.14
9. Ihre Flügel waren gegeneinander ausgestreckt, sich berührend.15 Sie wendeten sich nicht um, wenn sie gingen, sondern ein jedes ging gerade vor sich hin.
10. Ihre Gesichter aber waren so gestaltet: Vorn ein Menschenangesicht, auf der rechten bei allen vieren ein Löwenangesicht, auf der Linken ein Stierangesicht bei allen vieren und nach oben16 ein Adlerangesicht bei allen vieren.
11. Ihre Gesichter17 waren nach oben gewendet und ihre Flügel ebendahin ausgebreitet, je zwei ihrer Flügel berührten einander und zwei Flügel bedeckten die Leiber.
12. Ein jedes von ihnen ging gerade vor sich hin; wohin sie der Geist18 zu gehen trieb, dahin gingen sie und sie wendeten sich nicht um im Gehen.
13. Die Gestalt der Wesen war anzusehen wie die Glut feuriger Kohlen und es war, wie wenn Fackeln glühten. Zwischen den Wesen sah man glänzendes Feuer hin- und herfahren und aus dem Feuer Blitze zucken.19
14. Und die Wesen gingen hin und zurück20 wie das Leuchten des Blitzes.
15. Als ich so die Wesen anschaute, erschien auch ein Rad auf dem Boden neben den Wesen an allen vier Vorderseiten.21
16. Die Räder und ihre Gebilde waren anzusehen wie das Meer,22 alle vier hatten eine Gestalt und ihr Aussehen und ihre Bildung war, als wäre ein Rad innerhalb des anderen.
17. Nach ihren vier Seiten gingen sie, wenn sie sich bewegten, ohne sich beim Gehen zu wenden.23
18. Die Größe und Höhe der Räder war schrecklich anzusehen24 und ihr ganzer Umfang25 war voll Augen um und um bei allen vieren.26
19. Wenn die Wesen gingen, gingen auch die Räder neben ihnen, und wenn die Wesen sich vom Boden erhoben, erhoben sich auch die Räder.
20. Wohin immer der Geist ging, dahin erhoben sich auch die Räder, dem Geist im Gehen folgend; denn Geist des Lebens27 war in den Rädern.
21. Wenn jene Wesen gingen, so gingen sie auch mit, auch wenn jene standen, so standen sie auch; und wenn jene sich vom Boden erhoben, erhoben sich auch die Räder und folgten ihnen; denn Geist des Lebens war in den Rädern.
22. Über den Häuptern der Wesen war ein Gebilde wie das Firmament, das wie furchtgebietender28 Kristall aussah und über ihren Häuptern ausgebreitet war.
23. Unter dem Firmamente aber waren ihre Flügel ausgebreitet, von einem gegen den anderen, und ein jedes Wesen verhüllte mit zwei Flügeln seinen Leib und das andere verhüllte sich ebenso.
24. Und ich vernahm das Rauschen ihrer Flügel wie das Rauschen gewaltiger Wasser, gleich dem Hall des höchsten29 Gottes; wenn sie gingen, war es wie das Getöse eines Heeres, wie das Getöse eines Heerlagers; und wenn sie standen, ließen sie ihre Flügel sinken.30
25. Denn wenn eine Stimme über dem Firmamente, das über ihren Häuptern war, erschallte,31 standen sie still und ließen ihre Fluten herabsinken.
26. Und oberhalb des Firmamentes, das sich über ihren Häuptern ausbreitete, erschien wie Saphirstein32 das Gebilde eines Thrones und oben auf deisem Throngebilde eine Gestalt wie ein Mensch,
27. Und ich sah etwas leuchten wie Glanzerz, wie der Schein eines Feuers, innerhalb desselben ringsum, von seinen Lenden aufwärts und von seinen Lenden abwärts sah ich etwas wie Feuer, das ringsum leuchtete,33
28. wie der Regenbogen anzusehen, wenn er sich in den Wolken zur Zeit des Regens zeigt,34 so war der Glanz ringsum anzuschauen!


Fußnote

Kap. 1 (1) Fünfmal werden die Zeitumstände berichtet, weil der Prophet nicht ohne Staunen erkennt, dass Gott in unreinem Lande und in der Verbannung des Volkes so erscheint, wie er sich in seinem Tempel zu offenbaren pflegt; ein besonderer Gnadenerweis Gottes. Den Propheten will Gott durch die Erscheinung über seine Berufung und sein Amt gewiss machen. Eine solche Gewissheit war erforderlich, damit er inmitten aller Schwierigkeiten seines Amtes unerschüttert und standhaft walten konnte, vom Herrn getröstet und gestärkt. - (2) In welchem dreißigsten Jahre? Und V. 2 in welchem Monate? – Wohl am fünften Tage des vierten Monats des fünften Jahres der Wegführung Joachins, 594 oder 592 vor Chr. - (3) In Babylon, wohin Nabuchodonosor die Juden geführt. [2Koe 24,15.16] - (4) Entweder kam die Vision gleichsam vom Himmel herab oder der leuchtende Äther bot ein Bild, als ob der Himmel sich öffnete. - (5) Gesichte von Gott gewährt, welche göttliche Dinge darstellen. Der Ausdruck ist hier umso besser gewählt, als Gott sich in einem für die menschliche Natur verständlichen Bilde offenbart. - (6) Die Hand ist Symbol der Kraft. Gott erhebt und stärkt den Propheten, dass er die göttlichen Geheimnisse zu schauen vermag. - (7) Allgemeine Beschreibung. - (8) Eine dichte Flammenmasse, welche ihren Glanz der Wolke mitteilte. - (9) Inmitten des Feuers war die Erscheinung eines aus Gold und Silber gemischten Metalls, so dass das Feuer dort noch mehr leuchtete. - (10) Je mehr das Gesicht ihm nahe kommt, desto besser erkennt er es. - (11) Richtiger: Gestalten. In dem Lande, in welchem die Verbannten weilten, fanden sich solche Figuren dargestellt. Die Vision knüpft also an bekannte Dinge an. - (12) Die weitere Beschreibung knüpft durchaus an assyrische Bildwerke an. - (13) An der ganzen Erscheinung vier. Hebr.: Die Hände des Wesens waren Menschenhände. An jeder Seite erschien eine. - (14) Hebr.: Und ihre Gesichter und Flügel an jenen vier. Es ist gleichsam die Überschrift zu der folgenden Beschreibung der Flügel und Gestalten. V. 9-13. Besser lässt man übrigens mit der Septuag diese Worte fort. - (15) Im Hebr. wie in der Vulg. ist die Ordnung der folgenden Verse gestört, da der ersten Hälfte V. 9 ein Stück von V. 12 beigefügt wird. In der Septuag wird zuerst eine Beschreibung der Gestalt, dann der Flügel geboten. - (16) Dies Wort ist, da es im Hebr. wie im Griech. fehlt, auszulassen. Von verschiedenen Seiten gesehen, boten die Wesen einen verschiedenen Anblick. - (17) Diese Worte fehlen in der Septuag. und sind überflüssig. Zwei Flügel gingen nach oben und berührten die Flügel der anderen; zwei andere deckten den Körper. - (18) Der Antrieb, Einfluss dessen, der sie leitete, Gottes. - (19) Das Feuer, das aus der Ferne gesehen wirbelndes Feuer schien und in der Mitte wie Glanzerz leuchtete, offenbart sich in der Nähe als Glanz, der zwischen den Wesen strahlt und aus dem Blitze hervorgehen, wodurch die Bewegung der Wesen den Anschein von glühenden Fackeln annahm. - (20) Hierhin und dorthin. - (21) Bei jedem Wesen erschien ein Rad, ein wenig unter demselben. - (22) Bläulich. - (23) Sie konnten sich nach jeder Richtung bewegen, ohne sich wenden zu müssen. - (24) Hebr.: Ihre Rundung. Man konnte sie nicht betrachten, ohne dass sie einen gewissen Schrecken einflößten. - (25) Der Räder. - (26) Nach einigen Erklärern waren dies Menschenaugen, nach anderen solche wie auf den Pfauenschwänzen sind. Das letztere passt insofern besser, als die Räder nicht als belebt geschildert werden sollen. - (27) Hebr.: Der Geist des Wesens (der Wesen). Jedes Rad ward von dem Wesen, dem es am nächsten war, geleitet, so dass Rad und Wesen von demselben göttlichen Geiste bewegt schienen. Die genaue Beschreibung zeigt, dass die Erscheinung längere Zeit andauerte. In V. 21 gilt dasselbe. - (28) Verwunderung und Schrecken verursachend. - (29) Des allmächtigen. - (30) Besser: Bewegten sie nicht, hielten sie aber zum Liegen bereit. - (31) Zuerst wohl plötzlich. - (32) Der Saphir ist als bläulicher Stein mit goldenen Punkten das Symbol der göttlichen Herrlichkeit. Vergl. [2Mos 34,10]. Ähnlich erscheint Gott in menschlicher Gestalt. [Dan 7,9] - (33) Besser Hieronym.: Der obere Teil glänzte wie Glanzerz, unten erschien er wie Feuer. Das Glanzerz hat innen und außen das Ansehen von Feuer. Damit stimmt [Ez 8,2] überein. Der Glanz deutet die verborgene göttliche Natur an. Wenn das Auge nicht vermag in das Licht der Sonne am Himmelsgewölbe zu sehen, wie viel weniger vermag der Mensch das unzugängliche Licht Gottes zu schauen! (Theod.) - (34) Vergl. [Offenb 4,3].

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