Makkabaeer
DIE ZWEI BÜCHER DER MAKKABÄER
Die letzte Stelle nehmen im Alten Testamente die zwei Bücher der Machabäer ein, die freilich nicht den gleichen Verfasser noch das gleiche Ziel haben, ja nicht einmal in derselben Weise ihren Stoff behandeln. Indes erzählen die sie Ereignisse ein und derselben Zeit derart, dass sie sich einander ergänzen. Machabäus hieß Judas, der dritte Sohn des Priesters Mathathias, wohl wegen seiner Tüchtigkeit und Tapferkeit im Kampfe gegen die Bedrücker seines Volkes, indes ging dieser Name von ihm auf seine ganze Familie, ja selbst auf seine Anhänger über. Die vorliegenden beiden Bücher haben dem entsprechend ihrer Inschrift von dem Berichte der Taten des Mathathias und seiner Söhne in der Verteidigung ihres Volkes und dem Kampfe um Glauben und Freiheit.
Als die aus dem babylonischen Exile zurückgekehrten Juden unter Artaxerxes I. unter Leitung des Esdras und Nehemias ihr Heimwesen einigermaßen geordnet, hingen sie zwar von den Persern ab, so indes, dass sie nach ihren alten Sitten und Gesetzen unter dem Hohenrate und dem Hohenpriester lebten. Nach der Zerstörung des Perserreiches durch Alexander d. Gr. Und der Teilung desselben ward Palästina, in der Mitte zwischen Ägypten, dem reiche der Ptolemäer, und der asiatischen Herrschaft der Seleuciden gelegen, der Schauplatz häufiger Kämpfe. Doch, was schlimmer ist, die Juden, die mit beiden Reichen in beständigem Verkehre lebten, nahmen zum Teil griechische Sitten an und schufen sich eine den philosophischen Systemen der Griechen angepasste Religion, von den gesetzestreuen Juden, den Assidäern, als Bösewichter und Sünder bezeichnet.
Nach Alexanders Tode kam Palästina zuerst unter die Herrschaft der Ptolemäer, welche wenigstens die jüdische Religion nicht offen verfolgten. Auch der erste Seleucide, der um 200 die Ptolemäer aus Asien vertrieb, Antiochus III. der Große, zeigte sich den Juden günstig. Sein Nachfolger Seleukus IV. Philopator, trat anfangs in die Fußstapfen seines Vaters [2Mak 3,3], versuchte indes im letzten Jahre seines Lebens den Tempel zu berauben. Antiochus IV. Epiphanes (Vulg.: Illustris) begann die dem Gesetze treu gebliebenen Juden auf das heftigste zu verfolgen. In verzweifeltem Widerstande erhoben sich die Asidäer gegen die Syrer und machten sich nach 40 jährigem Kampfe von deren Joche von neuem frei. Die Geschichte dieser Kämpfe bildet den Inhalt der Bücher der Machabäer.
Das erste Buch der Machabäer bietet eine vollständige Darstellung der Kämpfe bis zum Jahre 136, bis zum Tode des Simon, des letzten Sohnes des Mathathias. Das zweite Buch beginnt mit einem früheren Zeitraume, dem letzten Jahre Seleukus IV., und führt seinen Bericht bis zum Jahre 161, bis zu dem großen Siege des Judas Machabäus über Nikanor fort. Das erste Buch umfasst demgemäß vierzig, das zweite nur sechzehn Jahre, so dass der größere Teil des letzteren (Kap. 4,7 – 15,38) den ersten Kapiteln des ersten Buches entspricht (1 Mak 1,11´- 7,50).
Der Verfasser des ersten Buches berichtet in einfacher Sprache die Tatsachen in historischer Reihenfolge, wenngleich er dann und wann den poetischen Parallelismus anwendet. Selten (oder nie) nennt er Namen Gottes (im Griechischen steht einmal „Gott“, dreimal „der Herr“ in einigen Kodices, doch lassen die Sinaitische und vatikanische Handschrift auch hier diese Bezeichnung aus); indes ist häufig, anders als im Buche Esther, von Gott die Rede [Est 4,30; Est 2,50-53; Est 2,21] und das ganze Buch ist von religiösem Geiste erfüllt. Ganz verschieden hiervon ist die Anlage des zweiten Buches. Wohl berichtet der Verfasser desselben gleichfalls in geschichtlicher Reihenfolge die Ereignisse, indes fügt er überall seine eigenen Urteile über die Geschehnisse bei [1Mak 4,17; 1Mak 5,17ff; 1Mak 7,32.38; 1Mak 3,1ff; 1Mak 6,12-17; 1Mak 7,15ff; 1Mak 8,5 - 1Mak 3,37-39; 1Mak 8,36; 1Mak 9,12-17]. Er will seine Glaubensgenossen belehren und ermahnen, indem er den Tempel, den Mittelpunkt der religiösen und politischen Einheit, auch zum Mittelpunkt seiner Erzählung macht, ja auch die außerhalb Palästinas wohnenden Juden aufmunternd, ihn zu ehren und zu besuchen, vor allem aber, seiner nie zu vergessen. Deshalb schickt er seinem Berichte zwei Briefe voraus und erwähnt, dass die Erinnerungsfeier an die von Judas Machabäus vollzogene Tempelweihe alljährlich nach gemeinsamem Beschlusse vom ganzen Volke der Juden zu begehen sei. [1Mak 10,8]. Diese Tempelweihe wird [1Mak 4,31-54] erzählt. Der Verfasser widmete sein Buch augenscheinlich den hellenistischen Juden.
Das erste Buch wurde von einem Palästinischen Juden zur Zeit des Johannes Hyrkanus (┼106) in hebräischer Sprache verfasst, in der wir bei Oregenes noch die Aufschrift finden. Bld nach der Urschrift entstand die griechische Übersetzung, aus der die alte lateinische Übersetzung, welche der heilige Hieronymus nicht verbessert hat, die syrische und andere hervorgegangen sind. Das zweite Buch, einschließlich der Briefe, wurde in griechischer Sprache verfasst, der erste der beigefügten Briefe stammt aus dem Jahre 188 der Seleucischen Ära (124 v. Chr.), der zweite wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahre 162 v. Chr. geschrieben. Wer Jason war, aus dessen fünf Büchern der Verfasser unseres zweiten Buches seinen Auszug herstellte, ist unbekannt, wenngleich manche Anzeichen auf den [1Mak 8,17] erwähnten Jason hinweisen. Jasons Werk ist jedenfalls vor 161 geschrieben. Ebenso wenig ist über die Person des Verfassers dieses zweiten Buches bekannt; sein Werk war wohl um 124 v. Chr. vollendet.
Dass das erste Buch der Machabäer auf historische Treue vollberechtigten Anspruch erheben kann, wird allgemein zugegeben. Gegen die Glaubwürdigkeit des zweiten Buches erheben die Nationalisten Schwierigkeiten, weil ihnen die in demselben berichteten Wunder nicht glaubwürdig erscheinen wollen. Das kanonische Ansehen beider Bücher steht durch das Zeugnis der Kirche außer Zweifel. Wenngleich die meisten Palästinensischen Juden diese Bücher den kanonischen nicht zurechneten, zählten die Alexandrinischen Juden dieselben dennoch zu den von Gott eingegebenen und die Apostel bezeichneten dieselben mit den anderen im Kanon der Alexandriner enthaltenen Büchern der Kirche als Heilige Schrift, wie der heilige Augustin bezeugt.