Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Job14

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Liber Job Caput XIV.

Das Buch Job. Kap. 14


Gott zum Erbarmen zu bewegen, weist Job auf die Schwäche und den nicht sündenfreien Ursprung des Menschen hin. (V. 6) Der Mensch lebe nur einmal (V. 10) und aus der Unterwelt gebe es keine Rückkehr. (V. 15) Flehentliche Bitte an Gott, seiner ob seiner Sünden zu schonen.

1. Homo natus de muliere, brevi vivens tempore, repletur multis miseriis.

2. Qui quasi flos egreditur et conteritur, et fugit velut umbra, et nunquam in eodem statu permanet.

3. Et dignum ducis super hujuscemodi aperire oculos tuos, et adducere eum tecum in judicium?
4. Quis potest facere mundum de immundo conceptum semine? nonne tu qui solus es?
5. Breves dies hominis sunt, numerus mensium ejus apud te est: constituisti terminos ejus, qui præteriri non poterunt.
6. Recede paululum ab eo, ut quiescat, donec optata veniat, sicut mercenarii dies ejus.
7. Lignum habet spem: si præcisum fuerit, rursum virescit, et rami ejus pullulant.
8. Si senuerit in terra radix ejus, et in pulvere emortuus fuerit truncus illius,
9. Ad odorem aquæ germinabit, et faciet comam quasi cum primum plantatum est:
10. Homo vero cum mortuus fuerit, et nudatus atque consumptus, ubi quæso est?
11. Quomodo si recedant aquæ de mari, et fluvius vacuefactus arescat:

12. Sic homo cum dormierit, non resurget, donec atteratur cœlum, non evigilabit, nec consurget de somno suo.

13. Quis mihi hoc tribuat, ut in inferno protegas me, et abscondas me, donec pertranseat furor tuus, et constituas mihi tempus, in quo recorderis mei?

14. Putasne mortuus homo rursum vivat? cunctis diebus, quibus nunc milito, exspecto donec veniat immutatio mea.

15. Vocabis me, et ego respondebo tibi: operi manuum tuarum porriges dexteram.
16. Tu quidem gressus meos dinumerasti, sed parce peccatis meis.

17. Signasti quasi in sacculo delicta mea, sed curasti iniquitatem meam.

18. Mons cadens defluit, et saxum transfertur de loco suo.

19. Lapides excavant aquæ, et alluvione paulatim terra consumitur: et hominem ergo similiter perdes.

20. Roborasti eum paululum ut in perpetuum transiret: immutabis faciem ejus, et emittes eum.

21. Sive nobiles fuerint filii ejus, sive ignobiles, non intelliget.
22. Attamen caro ejus dum vivet dolebit, et anima illius super semetipso lugebit.


1. Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und wird mit vielem Elende erfüllt.1
2. Wie eine Blume geht er auf und wird zertreten und flieht wie ein Schatten und bleibt nimmer in einem Stande.2 [Job 8,9, Ps 143,4]
3. Und du hältst es für würdig, über einen solchen deine Augen offen zu halten und ihn ins Gericht mit dir zu ziehen?3
4. Wer kann den rein machen, der aus unreinem Samen empfangen ist? Nicht du, der Alleinige?4 [Ps 50,7]
5. Kurz bemessen sind des Menschen Tage, die Zahl seiner Monde steht bei dir; du hast ihm ein Ziel gesetzt, welches nicht überschritten werden kann.
6. So weiche ein wenig von ihm, dass er ruhe, bis der gewünschte Tag kommt, wie bei einem Tagelöhner.5
7. Der Baum hat Hoffnung; ist er abgehauen, so grünt er wieder auf und seine Zweige treiben nach.
8. Altert gleich in der Erde seine Wurzel und ist in dem Staube sein Stamm abgestorben,
9. so schlägt er doch bei dem Dufte des Wassers wieder aus und treibt Blätter, so wie damals, als er gepflanzt ward.
10. Ist aber der Mensch tot und des Lebens beraubt und vermodert, wo ist er dann?6
11. Wie wenn die Wasser aus dem Meere zurücktreten und ein Fluss versiegt und austrocknet,
12. so steht der Mensch, wenn er entschlafen ist, nicht wieder auf; bis der Himmel vergeht,7 wacht er nicht auf noch erhebt er sich von seinem Schlafe.
13. Wer möchte mir geben, dass du mich im Totenreiche schirmest und mich verbergest, bis dein Zorn vorübergegangen, und du mir eine Zeit bestimmest, wo du meiner gedächtest?8
14. Wird der Mensch, wenn er gestorben, wiederum leben? Alle Tage, welche ich nun kämpfe, wollte ich dann harren, bis meine Umwandlung kommt!9
15. Du wirst mich rufen und ich werde dir antworten, dem Werke deiner Hände wirst du die Rechte darreichen.10
16. Jetzt aber hast du meine Schritte gezählt,11 schone doch meiner Sünden! [Job 31,4, Job 34,21, Spr 5,21]
17. Du hast wie in einen Beutel meine Vergehungen versiegelt, aber hast deine Aufmerksamkeit meiner Schuld zugewendet.12
18. Ein Berg stürzt und wird der Ebene gleich, und ein Felsen wird von seiner Stelle verrückt.
19. Steine höhlt das Wasser aus und nimmt anflutend allmählich die Erde weg, in gleicher Weise vernichtest du auch den Menschen.13
20. Du gabst ihm Kraft auf kurze Zeit, dass er dann hingehe auf immer; du entstellst sein Angesicht und lässest ihn dahinfahren.14
21. Mögen seine Kinder in Ehren oder unbekannt sein, er weiß es nicht.15
22. Doch sein Leib fühlt Schmerz, solange er lebt, und über ihn trauert seine Seele.16


Fußnote

Kap. 14 (1) Zu seinem besonderen Missgeschicke kommt noch das allgemeine, das mit dem Menschensein überhaupt verknüpft ist. Das menschliche Leben überhaupt ist ein trauriges nach Anfang, Verlauf und Ende. - (2) Ein in der heiligen Schrift häufig wiederkehrendes Bild. [Ps 89,6, Jes 40,6-8, JSir 14,18, Weish 2,5, Ps 101,12] u.a. - (3) Die Fehler, die Job begangen, sind nur Folgen der Schwäche der Natur. Da nun diese niemand von ihm nimmt, sollte auch die Strafe nicht so hart sein. - (4) Hebr. besser und dem Sinne Jobs entsprechender: Könnte doch ein Reiner von einem Unreinen kommen! Nicht einer. Wie Eliphaz [Job 4,17-21] gesagt, vom Menschen sei Sündlosigkeit nicht zu erwarten, weil er im hinfälligen Leibe von Erde wohnt, so spricht auch Job hier, der aber die mit der Hinfälligkeit verbundene Unreinheit als ererbte, von einem sich auf den andern fortpflanzende betont. So spricht Job hier den Glauben an die Erbsünde aus. (Clem. Alex., Cyrill, Basil., August.) - (5) V. 5, 6 bilden im Hebr. eine Periode: Wenn seine Tage fest bestimmt sind und seiner Monde Zahl bei dir und du ihm seine Grenze gesetzt hast, die er nicht überschreiten kann, so blicke weg von ihm, damit er Ruhe habe und wie ein Tagelöhner froh werde seines Tages. – Muss der Mensch zu bestimmter Frist dies Leben verlassen, das einem Tagelöhnertage gleicht, so sollte Gott ihn nicht noch mit Leiden aller Art überbürden, damit er sich die Spanne Lebenszeit hindurch, soweit möglich, freue. - (6) Die Antwort folgt in V. 11: er ist dahingegangen. V. 12: er kehrt nicht wieder zurück in dies Leben. Für die vorchristliche Zeit lag alles Hoffen der Lebenden in der Verheißung des den Völkern kommenden Heiles. Diese Verheißung lautete auf die Weltzeit (die Fülle der Zeiten [Hebr 1,1]), mithin auch auf die Sichtbarkeit und das Erdendasein, in dem sich der Herr offenbaren sollte. Vergl. [Jes 2,1]. Diesen „Tag des Heiles“ zu sehen, sehnte sich Abraham. [Joh 8,56] Derselbe Moment stand vor des sterbenden Jakob Augen. [1Mos 49,18] Um ihn flehten die heiligen Männer Gottes. [Jes 45,8, Jes 64,1] Hier oben also, am Lichte des Tages, war das Reich Gottes mit seiner Offenbarung und seinem Trost, mit Opfer, Lobpreis und Gebet so lange, bis die Erwartung der Völker gekommen. Nach den Propheten kommt das messianische Gottesreich, das alle Völker umspannt, in unbestimmter Zeit nach dem Exil. Inzwischen aber, also zwischen der Hoffnung auf die Erscheinung des Erlösers auf Erden und dem Abschluss derselben, der letzten Verklärung aller Dinge für die Ewigkeit, wo Tod und Grab auf immer ihrer Rechte beraubt werden, lag das Sterben noch vor der wirklichen Erlösung, mithin das Totenreich mit seinem stillen, freudelosen Warten. Deshalb entzieht das Sterben auch den Heiligsten des Alten Testamentes etwas von der Freudigkeit des Hoffens, während für die bereits Erlösten deren Tod in Christus erst ihre Sehnsucht stillt und ihre süßeste Hoffnung verwirklicht. [Offenb 14,13] Daraus bedingt sich notwendig Höherschätzung des irdischen Daseins im Vergleiche zu dem in Aussicht stehenden Aufenthalt im Totenreiche. Dort hinunter, wo noch das ewige Licht nicht leuchtet, sehnt sich nicht, wie im N. T. die Vollkommenheit des inneren Lebens: Glaube, Hoffnung, Liebe, sondern nur die Trauer, die Trostlosigkeit. Vergl. [1Mos 37,35]. Ist es ja das ungewisse Wo? (V. 10), das wie es nicht mehr in die Zeit zurückführt (V. 12), auch nicht das Leben, d.h. das Leben der Seligkeit in sich schließt. Vergl. [Joh 12,35]. - (7) Da der Himmel ewig ist: nimmer. - (8) Das Bild des Baumes hat in Job die Sehnsucht wachgerufen ähnlich zum Leben zurückzukehren, inzwischen in der Unterwelt wartend, bis Gottes Zorn, vorübergegangen ist. Aber wie Unmögliches wünschen? (V. 14) - (9) Hebr.: bis ich abgelöst werde von diesem beschwerlichen Posten [Job 7,1] und ein Wechsel meines Schicksals eintritt. - (10) Hebr.: Du riefest du ich würde antworten, nach dem Werke deiner Hände würdest du dich sehnen. Diese Hypothese ist eine Vorläuferin der Hoffnung der Auferstehung, zu der Verfasser [Job 19,25] Job sich erheben lässt. - (11) Nicht für jeden zu strafen. - (12) Steigerung des Vorhergehenden. So ist es also das Schuldig unwiderruflich über mich ausgesprochen. Die Vergehungen sind die [Job 9,32, Job 13,26] erwähnten. Job kannte noch keine anderen als rächende Strafen, obwohl er bereits andere Ziele der Heimsuchungen dunkel andeutet [Job 12,17], die indes erst später entwickelt werden. - (13) Alle Hoffnung ist eitel, auch das Festeste wird allmählich vernichtet, wie viel mehr der Mensch! - (14) Unter dieser Bedingung gabst du dem Menschen Leben und Kraft, dass er fortwährendem Wechsel unterliege, bis er aus diesem leben scheidet. - (15) Zu dem traurigen Umstande, dass keine Rückkehr aus dem Grabe stattfindet, kommt noch der andere, dass der gestorbene für seine Hinterlassenen nicht mehr sorgen kann, ja nicht einmal von ihnen Kunde hat. Das Jenseits besitzt im Alten Testamente noch nicht das ewige Licht noch die Gemeinschaft der Heiligen. - (16) Hebr.: Nur seines eigenen Fleisches Schmerz empfindet er (dass es verwest) und über ihn nur trauert seine Seele. Die Vulgata kehrt minder richtig zum beständigen Elend dieses Lebens zurück.

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