Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Spr01

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Liber Proverbiorum. Quem Hebræi Misle appellant. Caput I.

Die Sprüche Salomons. Kap. 1


I. Sammlung Salomons. (1,1 – 24,34) Einleitung. (Kap. 1, V. 1-7): Titel (V. 1), Zeil (V. 6), Zusammenfassung des Inhalts. (V. 7) 1. Erste Abteilung. (1,8 – 9,18) Empfehlung der wahren Weisheit. A. (Erstes Lehrgedicht Kap. 1) Allgemeine Einladung, die Weisheit zu hören. (V. 8-33) a. Mahnung, die Weisheit der Voreltern zu befolgen. (V. 9) b. Warnung vor der Gemeinschaft mit den Gottlosen, die dem Nächsten Schaden tun wollen. (V. 14), denn solche führt zum Verderben. (V. 19) c. Aufforderung, vielmehr der Einladung der Weisheit zu folgen, welche den Sündern nicht beisteht, sondern sie in schmachvolles Verderben stürzen lässt.

1. PARABOLÆ Salomonis, filii David, regis Israel.
2. Ad sciendam sapientiam, et disciplinam:
3. Ad intelligenda verba prudentiæ: et suscipiendam eruditionem doctrinæ, justitiam, et judicium, et æquitatem:
4. Ut detur parvulis astutia, adolescenti scientia, et intellectus.

5. Audiens sapiens, sapientior erit: et intelligens, gubernacula possidebit.

6. Animadvertet parabolam, et interpretattionem, verba sapientum, et ænigmata eorum.
7. Timor Domini principium sapientiæ. Sapientiam, atque doctrinam stulti despiciunt.
8. Audi, fili mi, disciplinam patris tui, et ne dimittas legem matris tuæ:

9. Ut addatur gratia capiti tuo, et torques collo tuo.
10. Fili mi, si te lactaverint peccatores, ne acquiescas eis.
11. Si dixerint: Veni nobiscum, insidiemur sanguini, abscondamus tendiculas contra insontem frustra:
12. Deglutiamus eum sicut infernus viventem, et integrum quasi descendentem in lacum.

13. Omnem pretiosam substantiam reperiemus, implebimus domos nostras spoliis.
14. Sortem mitte nobiscum, marsupium unum sit omnium nostrum.
15. Fili mi, ne ambules cum eis, prohibe pedem tuum a semitis eorum.
16. Pedes enim illorum ad malum currunt, et festinant ut effundant sanguinem.
17. Frustra autem jacitur rete ante oculos pennatorum.
18. Ipsi quoque contra sanguinem suum insidiantur, et moliuntur frandes contra animas suas.
19. Sic senitæ omnis avari, animas possidentium rapiunt.

20. Sapientia foris prædicat, in plateis dat vocem suam:

21. In capite turbarum clamitat, in foribus portarum Urbis profert verba sua, dicens:
22. Usquequo parvuli diligitis infantiam, et stulti ea, quæ sibi sunt noxia, cupient, et imprudentes odibunt scientiam?
23. Convertimini ad correptionem meam: en proferam vobis spiritum meum, et ostendam vobis verba mea.
24. Quia vocavi, et renuistis: extendi manum meam, et non fuit qui aspiceret.
25. Despexistis omne consilium meum, et increpationes meas neglexistis.
26. Ego quoque in interitu vestro ridebo, et subsannabo, cum vobis id, quod timebatis, advenerit.
27. Cum irruerit repentina calamitas, et interitus quasi tempestas ingruerit: quando venerit super vos tribulatio, et angustia:
28. Tunc invocabunt me, et non exaudiam: mane consurgent, et non invenient me:
29. Eo quod exosam habuerint disciplinam, et timorem Domini non susceperint,
30. Nec acquieverint consilio meo, et detraxerint universæ correptioni meæ.
31. Comedent igitur fructus viæ suæ, suisque consiliis saturabuntur.

32. Aversio parvulorum interficiet eos, et prosperitas stultorum perdet illos.

33. Qui autem me audierit, absque terrore requiescet, et abundantia perfruetur, timore malorum sublato.


1. Sprüche1 Salomons, des Sohnes Davids,2 des Königs von Israel:
2. zu3 erkennen Weisheit und Zucht;4
3. zu verstehen die Worte der Klugheit5 und zu erlangen die Unterweisung in der Lehre,6 Gerechtigkeit, Recht und Billigkeit;7
4. dass den Unerfahrenen Klugheit zuteil werde,8 dem Jünglinge Wissenschaft und Verstand.
5. Hört sie9 der Weise, so wird er noch weiser, und der Verständige wird sich die Kunst der Leitung zu eigen machen.10
6. Er wird11 acht haben auf den Spruch und die Auslegung,12 auf die Worte der Weisen und ihre Rätsel.
7. Die Furcht des Herrn13 ist der Anfang14 der Weisheit, Weisheit und Lehre15 verachten die Toren.16 [Ps 110,10, JSir 1,16]
8. Höre, mein Sohn!17 auf die Zucht deines Vaters und lass nicht18 von der Lehre deiner Mutter,19
9. damit Zierde deinem Haupte zuteil werde und eine Kette deinem Halse.20
10. Mein Sohn, wenn dich die Sünder locken, so folge ihnen nicht!21
11. Wenn sie sagen: Komm mit uns! lass uns auf Blut22 lauern, dem Unschuldigen ohne Ursache heimlich nachstellen;23
12. wir wollen ihn verschlingen wie die Unterwelt den Lebenden.24 und den Schuldlosen wie einen, der in die Grube25 hinabfährt.26
13. Allerlei kostbare Habe wollen wir erlangen, unsere Häuser mit Raub füllen.27

14. Wirf das Los mit uns, einen Beutel wollen wir alle führen!28
15. Mein Sohn! gehe nicht mit ihnen,29 halte deinen Fuß zurück von ihren Pfaden.
16. Denn ihre Füße laufen dem Bösen nach und eilen,30 Blut zu vergießen. [Jes 59,7]
17. Doch31 umsonst spannt man das Netz vor den Augen der Vögel aus.32
18. Jene lauern ihrem eigenen Blute auf und machen Anschläge wider ihr eigenes Leben.33
19. So sind die Pfade34 aller, die auf Gewinn ausgehen;35 sie rauben den Besitzern das Leben.36
20. Die Weisheit37 ruft laut auf der Straße, lässt ihre Stimme auf den freien Plätzen erschallen.
21. An der Spitze der Volkshaufen38 ruft sie, an den Eingängen der Stadttore39 redet sie ihre Worte und spricht:
22. Wie lange40 wollt ihr Einfältigen die Einfalt lieben? Und die Toren das verlangen, was ihnen schädlich ist, und die Unweisen die Einsicht hassen?41
23. Kehret um auf meine Zurechtweisung! Sehet, ich will euch meinen Geist kundtun und euch meine Worte wissen lassen.42
24. Weil ich rief und ihr euch weigertet, ich meine Hand ausstreckte43 und niemand darauf achtete, [Jes 65,12, Jes 66,4, Jer 7,13]
25. weil ihr all mein Raten geringschätztet und meine Strafreden in den Wind schluget,
26. so werde ich auch bei euerm Untergange lachen und werde spotten,44 wenn euch begegnet, was ihr fürchtetet.45
27. Wenn plötzlich46 das Unglück hereinbricht und der Untergang wie ein Sturm heranstürzt,47 wenn Trübsal und Angst über euch kommen,
28. alsdann werden sie48 mich49 anrufen, aber ich werde nicht darauf hören, werden frühe aufstehen, aber mich nicht finden;
29. weil sie die Zucht gehasst und die Furcht des Herrn nicht erwählt haben,

30. von meinem Rate nichts wissen wollten und alle meine Strafreden schmähten.
31. So werden sie denn die Früchte ihres Wandels kosten und an ihren eigenen Anschlägen sich sättigen.50
32. Das Widerstreben51 wird sie, die Einfältigen, töten und das Glück52 der Toren sie zugrunde richten.
33. Wer aber auf mich hört, wohnt in Ruhe ohne Schrecken, genießt Fülle,53 ohne Unglück fürchten zu müssen.54


Fußnote

Kap. 1 (1) Hebr.: Meschalim. (Einzahl: Meschal): Gleichnis oder: erhabener Ausspruch. Eigentliche Sprichwörter werden in der heiligen Schrift selten erwähnt, z.B. [1Sam 24,14, 2Sam 20,18, Ez 12,22, Ez 18,2, Lk 4,23, 2Petr 2,22] u.a. Nicht selten ist der Ausdruck: Zum Sprichwort werden. [1Koe 9,7, 2Chr 7,20] u.a. Das Buch der Sprüche enthält nur eines, und zwar als Zitat [Spr 22,6]. Das vorliegende Buch enthält eine Zusammenstellung von lehrhaften, dichterischen Spruchreden und Spruchliedern, sowie einzelnen Denksprüchen. Der Titel, den das Buch in der Vulgata führt, ist deshalb nicht sinnentsprechend, weshalb auch der Anfang desselben in ihr eine andere Übersetzung zeigt. - (2) Damit erhöht er sein Ansehen. - (3) Diese Bestimmung umfasst zunächst den bis [Spr 9,18] reichenden Abschnitt, dann die ganze erste Sammlung. - (4) Die Weisheit ist eine praktische Erkenntnis der Pflichten (Basil., Beda), die Zucht, Bezähmung der Leidenschaften und Begierden. Weisheit und Zucht also: einsichtsvolle Zucht, die sich auf die Erkenntnis der letzten für die Menschen maßgeblichen Gründe stützt. - (5) Kluge, verständige Reden. - (6) Kluge Erfahrung. - (7) Die drei Worte bedeuten so ziemlich dasselbe: was recht und billig ist. - (8) Hebr.: damit sie geben. - (9) Hebr.: Annehmen möge sie der Weise und wachsen an Wissen. - (10) Hebr.: Und der Einsichtige gewinne an Leitung (den rechten Weg). Die „Kunst der Leitung“ ist nur eine Steigerung des Ausdruckes Weisheit. - (11) Im Hebr. enthält V. 6 das Ziel von V. 5: Um zu verstehen Sinnspruch und schwierige rede. V. 5 und 6 geben an, was das Buch bei den Erfahrenen bezwecken will. - (12) Das Auszulegende. - (13) Die kindliche Furcht, die aus dem Bewußtsein hervorgeht, dass Gott alles sieht und das Gute belohnt, das Böse straft. Hierauf erst folgen die Tugenden und Liebe. (Aug.) - (14) Das Wort kann auch das Obenanstehende, Kostbarste bezeichnen. - (15) Zucht. - (16) Die Gottlosen, weil diese die Weisheit durch ihre Gottlosigkeit tatsächlich verachten. - (17) Der Spruchdichter redet als älterer, erfahrener Mann zur Jugend. - (18) Hebr.: verachte nicht. - (19) Auf Gott folgen die Eltern, auch im Buche Ekklesiastikus. - (20) Damit du durch Folgsamkeit gegen die Worte der Eltern hoch kommest und geehrt werdest. - (21) Willige nicht ein. - (22) Auf den, dessen Blut sie vergießen wollen. Besser allgemein: nachstellen. - (23) Diese Worte gehören nicht zur Rede der Bösewichter, sondern sind von Salomon als Wort der genaueren Schilderung beigegeben. Die Bösewichter sind habsüchtige Ankläger oder reiche Bedrücker, für die jenes Bild des Mörders, der im Hinterhalte liegt und sein Opfer beschleicht, oder es mit den Pfeilen lügenhafter Worte tötet, häufig wiederkehrt, ebenso wie der Vergleich mit einem wilden Tier, das im Dickicht auf die Beute lauert. Vergl. auch [JSir 34,25]. - (24) Anspielung auf [4Mos 16,30]. - (25) Welt der Toten. - (26) Bild der unersättlichen Gier der Verfolger. - (27) Es sind also Bürger der Stadt, die zum Bösen auffordern. - (28) Was wir erbeuten, soll dir mitgehören. - (29) Erwähle ihren Lebensweg nicht. - (30) Eifer, mit dem sie dem Bösen ergeben sind. - (31) Hebr.: denn. - (32) Der ungerechte Gewinn wird offen vor dir als Netz ausgebreitet, dich in die Sünde zu verstricken, willige also nicht ein in die Bosheit. "Umsonst" bezieht sich wohl auf den Vogelsteller, der die Netze umsonst stellt und dem Wilde auflauert. (Vergl. V. 11) Doch ihre Mühe ist vergebens, sie fangen sich in ihren eigenen Schlingen. (V. 18) (Gregor, Beda) Nach anderen: Wie der Vogel sich nicht dadurch warnen lässt, dass er das Netz sieht, sondern durch die Lockpfeife betört wird, so stürzen die Frevler mit Notwendigkeit und Verschuldung, als geschähe es absichtlich (lauern, Anschläge machen – die notwendige Folge wird oft als beabsichtigt bezeichnet, vergl. [Spr 17,19]) in ihr eigenes Verderben. In der zweiten Annahme bilden V. 17, 18 einen Vergleichungssatz. - (33) Nach der an erster Stelle gegebenen Erklärung von V. 17 ist der Zusammenhang: Anders als die davonfliegenden Vögel, die den Schlingen entgehenden Frommen. - (34) Das Schicksal. - (35) Hebr.: die auf ungerechten Gewinn ausgehen: die im Gericht Bestechenden, Unterdrücker u.a. - (36) Vergl. die Geschichte vom Weinberge Naboths. [1Koe 21] - (37) Im Hebr. Mehrzahl. Die Weisheit ist als eine göttliche Macht dargestellt, also die zweite Person der Gottheit. (Athan., Cyrill, Gregor Naz., Tertull., Aug., Beda) - (38) Hebr.: An die Ecke lärmender (Straßen). - (39) Das Hebr. fügt bei: überall in der Stadt. Also überall da, wo viele sie hören können. - (40) Frage der Ungeduld. - (41) Hebr.: Wie lange wollt ihr Einfältigen die Einfalt lieben? Und (wie lange wollen) die Spötter Lust am Spotten haben und die Toren Erkenntnis hassen? – Die Unerfahrenen sind am leichtesten zu verführen. Die Spötter sind die Freigeister, die meinen, es gebe keinen Gott, Gott sehe nicht auf das Tun der Menschen. Die Toren sind ein höherer Grad der Einfältigen, die, welche, um genießen zu können, die Wahrheit, dass Gott die Bösen straft, unbeachtet lassen oder selbst hassen. - (42) Ob die Weisheit hier wartet, dass sich jemand von den Angeredeten zu ihr wende? Nach einigen: Siehe, ich spreche euch meinen Unmut aus (Beda), tue euch meine Entschließungen kund. - (43) Drohend. - (44) Vergl. [Ps 2,4]. - (45) Hebr.: Wenn Schrecken über euch kommt. - (46) Wo ihr euch am sichersten wähnt. - (47) Hebr.: Wenn einem Ungewitter gleich Schrecken über euch kommt und euer Unglück wie ein Sturmwind heranbraust. - (48) Die eigentliche Rede an die Toren, die V. 22 begann, ist zu Ende. Die Weisheit redet nicht mehr zu ihnen, sondern von ihnen. - (49) Für die Weisheit wird hier Gott gesetzt, also ist sie Gott selbst. - (50) Mit dem Unheil, das aus ihren Anschlägen für sie selbst entsprossen ist. - (51) Denn ihr eigenes Widerstreben (So wird es sein, denn usw.) - (52) Hebr.: ihre Sorglosigkeit, Sicherheit. - (53) Dieser Beisatz steht nur in der Vulg. - (54) Hebr.: wird sicher wohnen, und hat nicht zu besorgen Schrecken des Unheils.

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