Kategorie:BIBLIA SACRA:AT:Ps89

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Liber Psalmorum. Psalmus LXXXIX.

Das Buch der Psalmen. Psalm 89 (90)


Gott ist stets die Zuflucht seines Volkes gewesen. (V. 1) a. Wie hinfällig und im Vergleich zur Ewigkeit Gottes kurz ist des Menschen Leben! (V. 6) Und dennoch will der Herr in seinem Zorne diesen kurzen Zeitraum noch gleichsam abschneiden? (V. 12) b. Bitte an Gott, den Übriggebliebenen wieder seine Barmherzigkeit zu erweisen und die frühere Freude wieder zu gewähren.

1. Oratio Moysi hominis Dei.
Domine, refugium factus es nobis: a generatione in generationem.
2. Priusquam montes fierent, aut formaretur terra, et orbis: a sæculo et usque in sæculum tu es Deus.
3. Ne avertas hominem in humilitatem: et dixisti: Convertimini filii hominum.
4. Quoniam mille anni ante oculos tuos, tamquam dies hesterna, quæ præteriit,
Et custodia in nocte,
5. Quæ pro nihilo habentur, eorum anni erunt.
6. Mane sicut herba transeat, mane floreat, et transeat: vespere decidat, induret, et arescat.

7. Quia defecimus in ira tua, et in furore tuo turbati sumus.
8. Posuisti iniquitates nostras in conspectu tuo: sæculum nostrum in illuminatione vultus tui.
9. Quoniam omnes dies nostri defecerunt: et in ira tua defecimus.
Anni nostri sicut aranea meditabuntur:
10. Dies annorum nostrorum in ipsis, septuaginta anni.
Si autem in potentatibus octoginta anni: et amplius eorum, labor et dolor.
Quoniam supervenit mansuetudo: et corripiemur.
11. Quis novit potestatem iræ tuæ: et præ timore tuo iram tuam

12. Dinumerare?
Dexteram tuam sic notam fac: et eruditos corde in sapientia.
13. Convertere Domine usquequo? et deprecabilis esto super servos tuos.
14. Repleti sumus mane misericordia tua: et exsultavimus et delectati sumus omnibus diebus nostris.
15. Lætati sumus pro diebus, quibus nos humiliasti: annis, quibus vidimus mala.
16. Respice in servos tuos, et in opera tua: et dirige filios eorum.
17. Et sit splendor Domini Dei nostri super nos et opera manuum nostrarum dirige super nos: et opus manuum nostrarum dirige.


1. Gebet Moses, des Mannes Gottes.1 O Herr! du bist unsere Zuflucht2 gewesen von Geschlecht zu Geschlecht.
2. Ehedenn die Berge wurden und die Erde gebildet ward und ihr Umkreis,3 bist du, Gott! von Ewigkeit zu Ewigkeit.4
3. Verstoße den Menschen nicht zur Niedrigkeit,5 du, der ja gesagt:6 Bekehret euch, ihr Menschenkinder!7
4. Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der gestrige Tag, der vorübergegangen ist,8 und wie eine Wache in der Nacht.9
5. Was für nichts vor ihnen geachtet wird, das sind Jahre.10
6. Wie das Gras am Morgen hervorwächst, am Morgen blüht, um abzusterben, am Abend abwelkt, hart wird und verdorrt,11
7. So schwinden wir dahin durch deinen Zorn und sind verstört durch deinen Grimm.12
8. Du stellst unsere Missetaten vor deine Augen, die Zeit unseres Lebens13 in das Licht deines Angesichtes.14
9. Denn alle unsere Tage schwinden dahin, wir vergehen durch deinen Zorn, unsere Jahre mühen sich ab wie eine Spinne;15

10. die Zeit unserer Jahre ist siebzig Jahre und aufs höchste achtzig Jahre und was darüber hinaus ist,16 ist Mühsal und Schmerz; denn die Milde kommt und wir werden hingerafft.17

11. Wer kann die Stärke deines Zornes und aus Furcht vor dir18 deinen Grimm bemessen?19
12. So gib denn so20 deine Macht kund21 und lass unser Herz in der Weisheit belehrt werden.
13. Kehre wieder, Herr!22 Wie lange noch? Lass dich erbitten über deine Diener!
14. So werden wir am Morgen23 deine Gnade reichlich empfangen und frohlocken und uns alle unsere Tage freuen.
15. Wir werden uns freuen24 nach Maß der Tage, in denen du uns gebeugt hast, der Jahre, in denen wir Unglück sahen.
16. Siehe auf deine Diener herab und auf deine Werke25 und lenke ihre Kinder!26
17. Und der Glanz27 des Herrn, unsers Gottes, leuchte über uns und die Werke unserer Hände fördere über uns,28 ja das Werk unserer Hände wollest du fördern!29


Fußnote

Psalm. 89 (1) Vergl. [5Mos 33,1, Jos 14,6]. Nach Hieron. und der jüd. Tradition hat Moses den Psalm verfasst, als das Volk sich in der Wüste gegen den Einzug nach Kanaan auflehnte und Gott zur Strafe bestimmte, dass alle, die das 20. Jahr überschritten, in der Wüste sterben sollten. [4Mos 14,26ff] - (2) Hebr.: Obdach, Wohnung – wo Schutz und Ruhe geboten wird. - (3) Das fruchttragende Land. - (4) Vers 3 schildert die Allmacht Gottes, V. 4 die Überzeitlichkeit (Allgegenwart Gottes in der Zeit). - (5) Erniedrigung durch die Sünde. - (6) Die Bitte wird Erhörung finden, denn sie gründet sich auf Gottes Willen, dass die Sünder sich bekehren. Mit der Sünde hört auch die Folge derselben, das zeitliche Unglück, auf. - (7) Hebr.: Du wandelst Sterbliche in Staub und sprichst: Kommet wieder, Menschenkinder. - (8) Wie uns der vergangene Tag erscheint, wenn wir auf ihn zurückblicken, so Gott tausend Jahre, die vorübergegangen. - (9) Die Nacht zerfiel in drei (später zur Römerzeit in vier) Wachen. Der Bruchteil einer Nacht geht dem Schlafenden vorüber wie ein Augenblick. - (10) Jahre gelten wie nichts in deinen Augen. Den Gegensatz bilden V. 6, V. 7. - (11) So vergeht auch der Mensch. Ohne Bild: In der Jugendzeit kann der Mensch von Gesundheit strotzen und doch schnell dahinsterben, am Abend des Lebens steht jedem der Tod bevor. Hebr.: Du schwemmst sie hinweg, Schlaf (Traum) werden sie am Morgen gleich dem Grase wieder sprossend. Am Morgen grünt es und sprosst wieder, am Abend schneidet man es und es verdorrt. (Ein Geschlecht geht unter wie in Fluten, ein anderes wächst heran, doch auch ihm geht es ähnlich.) - (12) Die ganze Gemeinde. Vergl. [4Mos 14,26ff, 5Mos 1,34-39]. - (13) Unsere Handlungen. (Hebr.: Unser Verborgenes.) - (14) Gottes Angesicht ist die Herrlichkeit seines der Welt zugewandten Wesens, Gnadenlicht für die Frommen, durchdringende Offenlegung des Gottwidrigen. - (15) So fruchtlos wie eine Spinne, ohne dauernden Erfolg. Wir bemühen uns im Leben um Dinge so wertlos wie Spinnengewebe, oder: Hebr.: denn alle unsere Jahre sind hingeschwunden durch deinen Zorn. Wir haben verlebt unsere Jahre gleich einem Lispeln. (Das kaum hervorgegangen, schon vergangen ist.) - (16) Hebr.: Ihr Stolz (alles worauf wir stolz sind: Reichtümer, Ehre usw.) ist Mühsal und Nichtigkeit, denn eilends ging es vorüber und wir flogen dahin. - (17) Oder: werden belehrt (Hier.): Wenn der Herr kommt, urteilt er uns nicht nach Gerechtigkeit, sondern in Milde, und was Strafe scheint, ist Belehrung. - (18) Hebr.: Deiner Furcht gemäß, gemäß der Furcht, die dir gebührt. - (19) Wie lange er dauern wird. - (20) Da es sich so verhält, da fast niemand deine Strafe würdigt, lass uns Einsicht gewinnen in die von dir ausgehende Züchtigung (deine Rechte). - (21) Hebr.: Zu zählen unsere Tage lehre recht verstehen: Lass uns die Kürze des Lebens wohl erwägen und demgemäß leben. - (22) Indem Gott zürnt, hat er das Volk gleichsam verlassen. - (23) Unverhofft, plötzlich. - (24) Hebr.: Erfreue uns. - (25) D.i.: deine Diener. - (26) Hebr.: Sichtbar werde deinen Dienern dein Werk und deine Herrlichkeit über ihren Kindern. Vulg.: Lenke ihre Kinder auf den Weg des Glückes. - (27) Hebr.: Huld. - (28) Augustinus: Über uns hinaus, hebe sie zu dir empor, damit wir dafür himmlischen Lohn empfangen. - (29) Der Priester betet V. 16, V. 17 täglich in der Prim, dass Gott uns das Tag für Tag obliegende Werk der Erwerbung des himmlischen Kanaan wolle gelingen lassen.


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